Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines deutschen Staatsangehörigen auf Kindergeld für seine in der Türkei lebenden Kinder

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem deutschen Staatsangehörigen steht kein Kindergeld für seine in der Türkei lebenden Kinder zu.

 

Normenkette

EStG § 63; Assoziierungsabkommen EWG/Türkei Art. 9; Assoziationsratsbeschluss 1/80; Assoziationsratsbeschluss 3/80; SozSichAbk Türkei

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung von Kindergeld für die Kinder A, B und C.

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er bezieht eine Berufsunfähigkeitsrente und ist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Er erhielt für die Kinder A, B und C, geboren am 25. September 2007, 11. Juni 2009 und 9. September 2010, Kindergeld nach dem EStG von der Familienkasse.

Nach vorangegangenem Schriftverkehr hob die Familienkasse mit Bescheid vom 26. Juli 2016 die Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder ab August 2016 auf. Zur Begründung wurde im Hinblick auf alle drei Kinder dargelegt, dass weder ein Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt in einem der in § 63 EStG benannten Staaten festgestellt werden könne, weil sich die Kinder in der Türkei aufhielten. Nachdem der Kläger hiergegen Einspruch eingelegt hatte, erließ die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 20. September 2016 eine ablehnende Einspruchsentscheidung und erkannte auch hierin, dass ein Anspruch des Klägers auf Kindergeld nach dem EStG nicht bestehe, da die Voraussetzungen des § 63 EStG nicht erfüllt seien. Zugleich wies die Familienkasse in einem gesonderten Hinweis darauf hin, dass sich der Kläger an die Beklagte Familienkasse Bayern Süd wenden könne, sofern er Kindergeld unter Berücksichtigung des zwischenstaatlichen Abkommens bzw. Assoziationsabkommens mit der Türkei oder nach Assoziationsratsbeschlüssen begehre. Gegen die Einspruchsentscheidung der Familienkasse erhob der Kläger Klage, die mit Urteil vom heutigen Tage (Az. des Gerichts 4 K 138/16) als unbegründet abgewiesen wurde, da die Voraussetzungen des § 63 EStG nicht erfüllt waren.

Hinsichtlich der auf Ansprüche auf Kindergeld unter Berücksichtigung des zwischenstaatlichen Abkommens bzw. Assoziationsabkommens mit der Türkei oder nach Assoziationsratsbeschlüssen wurde die Akte von der Familienkasse an die beklagte Familienkasse Bayern Süd übersandt. Mit in diesem Verfahren angegriffenem Bescheid vom 13. Oktober 2016 lehnte die Beklagte Familienkasse Bayern Süd den Antrag des Klägers auf Kindergeld nach dem deutsch-türkischen Abkommen über soziale Sicherheit vom 21.7.2016 ab dem Monat August 2016“ ab. Zur Begründung führte sie aus, für Kinder in der Türkei bestehe für türkische Staatsangehörige ein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der jeweiligen Abkommenssätze nur dann, wenn sie Arbeitnehmer im Sinne des deutschtürkischen Abkommens über soziale Sicherheit seien. Unter dem Arbeitnehmerbegriff des deutsch-türkischen Abkommens fielen Personen, die in Deutschland eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, sich in Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und -elternzeitgesetz befänden oder Arbeitslosengeld I, Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder vergleichbare Leistungen bezögen. Eine Berücksichtigung sei im Streitfall nicht möglich. Denn das Abkommen regle allein den Anspruch türkischer Arbeitnehmer im Hinblick auf den Bezug deutscher Leistungen und diene dazu, einen in Deutschland lebenden türkischen Arbeitnehmer kindergeldrechtlich einem inländischen gleichzustellen. Der Anwendungsbereich des Abkommens sei für Deutsche, wie den Kläger, nicht eröffnet (Verweis auf BFH-Urteil vom 27. September 2012, III R 55/10).

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 24. Oktober 2016. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass er eine Berufsunfähigkeitsrente erhalte und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sei. Es sei nicht einzusehen, warum er anders behandelt werde, als jemand, der Arbeitslosengeld I, Krankengeld oder vergleichbare Leistungen beziehe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 2016 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Für in der Türkei lebende Kinder eines türkischen Arbeitnehmers könne zwar eine Ausnahme von der Ausschlussvorschrift des § 63 EStG in Betracht kommen. Danach könne Kindergeld auch dann gewährt werden, wenn die Kinder einer begünstigten Person in der Türkei – und damit nicht in einem der in § 63 EStG benannten Staaten – lebten. Der Kläger sei jedoch deutscher Staatsangehöriger und sei nicht durch das Abkommen begünstigt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 4. Januar 2017 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt er vor, seine Einkünfte bestünden lediglich aus der Rente und unterlägen zu 100 % der deutschen Einkommensteuer. Im Übrigen würde ein Anspruch nach dem Bundeskindergeldgesetz -BKGG- auch dann bestehen, wenn der Kläger Rente nach deutschen Vorschriften beziehe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des angegriffenen Bescheids vom 13. Oktober 2016, in Gestalt der Einspruc...

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