Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines deutschen Staatsangehörigen auf Kindergeld für langfristig in der Türkei lebendes Kind

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Türkei gehört nicht zu den in § 63 EStG benannten Staaten. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG liegt darin nicht.

 

Normenkette

EStG § 63

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Kinder A, B und C.

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er bezieht eine Berufsunfähigkeitsrente und ist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Er erhielt für die Kinder A, B und C Kindergeld nach dem EStG von der Familienkasse.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 stellte die Familienkasse dem Kläger aufgrund der von ihm kundgetanen Auswanderungspläne Fragen zu einem etwaigen Aufenthalt der Kinder im Ausland, namentlich in der Türkei. Daraufhin äußerte sich der Kläger in verschiedenen Schreiben, in denen er u.a. vortrug, die Kinder würden nach den Sommerferien 2016 in der Türkei nicht wieder nach Deutschland kommen, sie würden aber ihre Zimmer behalten, die Kinder würden sich "bis 07.2017" im Ausland aufhalten, "oder immer". Die Töchter würden ab Oktober in der Türkei eine Schule besuchen, vielleicht im Jahr 2017 doch nicht wieder nach Deutschland kommen, sie würden ab Ende Dezember immer in der Türkei bleiben, das dritte Kind würde jedoch bei ihnen bleiben und er - der Kläger - würde vielleicht erst im Februar 2017 auswandern oder doch nicht; die Kinder kämen doch nicht wieder nach Deutschland zurück. In anderen Schreiben wiederum teilte er mit, die Kinder würden sich alle erst ab 15.12.2016 in der Türkei aufhalten.

Auf Grundlage dieser Ausführungen erließ die Familienkasse mit Datum vom 26. Juli 2016 den angegriffenen Bescheid. In diesem Bescheid wurde die Festsetzung des Kindergeldes nach dem EStG für die Kinder A, B und C ab August 2016 aufgehoben. Zur Begründung wurde im Hinblick auf alle drei Kinder dargelegt, dass jeweilige Kind könne nicht berücksichtigt werden, weil es weder einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde, habe.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 17. August 2016. Zur Begründung trug er vor, das Kind C sei nicht schulpflichtig und deswegen noch nicht sechs Monate weg aus Deutschland. Auch die beiden Kinder A und B befänden sich im Urlaub bis Schulbeginn. Er - der Kläger - habe wegen seiner Erwerbsminderungsrente Kindergeld im Ausland (Türkei) beantragt. Der Gesetzgeber habe festgelegt, dass ein Anspruch auf Kindergeld für Personen bestehe, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hätten; außerdem verweise er auf die Einkünfte i.S.d. § 49 EStG und die Regelungen des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 EStG. Er - der Kläger - müsse wie ein Mitarbeiter der NATO oder des Konsulats behandelt werden. Alle geforderten Nachweise lägen der Familienkasse vor. Mit Schreiben vom 25. August 2016 ergänzten die inzwischen beauftragten Klägervertreter den Vortrag dahingehend, der Kläger erhalte eine Rente. Im Übrigen sei auch nicht geprüft worden, ob ein Anspruch nach dem Bundeskindergeldgesetz bestehe.

Mit Zwischenschreiben vom 14. September 2016 wandte sich die Familienkasse an die Klägervertreter und wies darauf hin, dass gemäß § 63 EStG erforderlich sei, dass die Kinder einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde, haben. Im Streitfall seien diese Voraussetzungen nicht dargelegt, so dass ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG ausgeschlossen sei. Darauf wandten die Klägervertreter mit Schreiben vom 19. September 2016 ein, dass aber jedenfalls ein Anspruch nach dem Bundeskindergeldgesetz bestehe. Zudem gebe es zwischen Deutschland und der Türkei ein entsprechendes Abkommen. Insofern sei hier, jedenfalls nach dem Bundeskindergeldgesetz, Kindergeld zu gewähren.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20. September 2016 wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung legte sie dar, ein Wohnsitz bzw. ein gewöhnlicher Aufenthalt der Kinder im Inland, der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (§ 63 EStG), sei nicht festgestellt worden. Die Kinder lebten durchgängig in der Türkei und hätten somit ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland. In einem nach der Rechtsbehelfsbelehrung aufgenommenen Hinweis wies die Familienkasse darauf hin, dass sich der Kläger - soweit er Kindergeld unter Berücksichtigung des zwischenstaatlichen Abkommens bzw. Assoziationsabkommen mit der Türkei oder nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei Nr. 3/80 begehre - an die Familienkasse Bayern-Süd wenden möge. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 wies die Familienkasse im Hinblick auf den Sohn C ein weiteres Mal darauf hin, dass ein Nachweis über den Aufent...

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