Revision eingelegt (BFH I R 37/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine tatsächliche Durchführung eines zwischen einer Organgesellschaft und einer Organträgerin geschlossenen Ergebnisabführungsvertrages bei fehlendem bilanziellen Ausweis des der Organgesellschaft gegenüber der Organträgerin zustehenden Anspruchs auf Verlustübernahme
Leitsatz (redaktionell)
Der zwischen einer Organgesellschaft und einer Organträgerin geschlossene Ergebnisabführungsvertrag wird nicht i. S. d. §§ 17 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG tatsächlich durchgeführt, wenn die Organgesellschaft den ihr gegenüber der Organträgerin zustehenden Anspruch auf Verlustübernahme in ihrer Bilanz nicht ausweist. Das gilt auch dann, wenn die Organträgerin der Organgesellschaft den Verlustbetrag tatsächlich erstattet.
Normenkette
KStG § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 HS. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den Jahren 2009 bis 2012 eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der B GmbH als Organträgerin bestanden hat.
Die B GmbH erwarb mit Vertrag vom 26. Juni 2008 mit Wirkung zum 1. Juli 2008 sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin. Ebenfalls am 26. Juni 2008 schlossen die Klägerin und die B GmbH einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag (im Folgenden: EAV), mit dem sich die Klägerin der geschäftlichen Leitung der B GmbH unterwarf. Gem. § 3 Nr. 1 EAV verpflichtete sich die Klägerin, beginnend ab dem 1. Januar 2009 ihren gesamten Jahresüberschuss an die B GmbH abzuführen. Im Gegenzug verpflichtete sich die B GmbH gem. § 3 Nr. 4 EAV dazu, jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag der Klägerin entsprechend § 302 AktG auszugleichen. Gem. § 5 EAV wurde der Vertrag für die Zeit ab dem 1. September 2009 abgeschlossen und war nicht vor Ablauf von fünf Jahren seit seinem Wirksamwerden kündbar.
Die Klägerin bilanzierte zum 31. Dezember 2008 einen handelsrechtlichen Verlustvortrag in Höhe von (Verlustvortag aus Vorjahren i.H.v. 16.688,15 EUR zzgl. Jahresfehlbetrag 2008 i.H.v. 30.282,65 EUR =) 46.970,80 EUR. Für die Jahre 2009 bis 2012 ergaben sich laut den Jahresabschlüssen der Klägerin Gewinne in folgender Höhe:
2009 |
9.640,64 EUR |
2010 |
3.640,51 EUR |
2011 |
18.077,77 EUR |
2012 |
6.420,92 EUR. |
Diese gab die Klägerin in ihren Körperschaftsteuererklärungen jeweils zu Kennziffer 111 der amtlichen Erklärungsvordrucke ("Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag wenn keine Steuerbilanz aufgestellt ist") an. Ferner wurde in Zeile 2 der Anlage ORG zur Körperschaftsteuererklärung jeweils auf die B GmbH als Organträgerin hingewiesen, in Zeile 28 wurde eine Zurechnung der Jahresüberschüsse der Klägerin zur B GmbH erklärt.
Im Jahr 2013 erwirtschaftete die Klägerin einen Verlust in Höhe von 8.453,92 EUR. Die Eintragungen in den Körperschaftsteuererklärungsvordrucken erfolgten entsprechend der soeben dargestellten Handhabung betreffend die Jahresüberschüsse; der Verlust sollte der B GmbH zuzurechnen sein (Zeilen 28 der Anlage ORG). In Zeile 21 der Anlage ORG ("Vom Organträger an die Organgesellschaft zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrages zu leistender Betrag") wurde keine Eintragung vorgenommen.
Die Bilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 2013 wurde am 10. November 2014 erstellt und wies keine Forderung der Klägerin gegenüber der B GmbH aus. Im Erstellungsbericht zum Jahresabschluss befand sich ein Hinweis auf den EAV.
Der Jahresabschluss wurde der Klägerin von ihrem damaligen Steuerberater am 20. November 2014 zusammen mit den gefertigten Steuererklärungen sowie einem Begleitschreiben übersandt. Letzteres enthält unter anderem folgende Ausführungen:
"[...]
Für 2013 weisen wir einen endgültigen Verlust von 8.453,92 € aus nach 6.420,92 € Gewinn im Vorjahr.
Der Verlustvortrag zum 31.12.2013 beträgt nunmehr 17.644,88 €. Wie am 27.04.2011 mitgeteilt, dürfen Gewinne an die B GmbH erst nach Aufrechnung dieses Betrages erfolgen. [...]
Andererseits ist erstmals seit Beginn der Organschaft der o.g. Verlust entstanden. Die B GmbH hat ihn gemäß Ergebnisabführungsvertrag zu erstatten [Hervorhebung im Original].
[...]"
Die B GmbH überwies am 11. Februar 2015 einen Betrag in Höhe von 8.453,92 EUR an die Klägerin. Als Überweisungszweck wurde folgendes angegeben:
"Erstattung Jahresverlust 2013 wg. Ergebnisabführungsvertrag"
Die Steuerveranlagungen für die genannten Jahre erfolgten zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß, die für 2013 und 2014 erlassenen Bescheide enthielten - anders als die für 2009 bis 2012 erlassenen Bescheide - keinen Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Jahr 2016 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt, die die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2014 umfasste. Der Prüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass die körperschaftsteuerliche Organschaft von Anfang an nicht anzuerkennen sei, weil der EAV innerhalb des insoweit maßgeblichen Fünfjahreszeitraums nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Denn der geg...