rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragung bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Steuerpflichtiger aufgrund einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung dazu veranlasst, ohne Durchführung eines Vorverfahrens unmittelbar die finanzgerichtliche Klage zu erheben, so trifft das beklagte Finanzamt ein Kosten-Verschulden i.S.d. § 137 Satz 2 FGO.
Normenkette
FGO § 137 S. 2, §§ 143, 44 Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin (Klin.) der von ihr für das Streitjahr 1996 geltend gemachte Werbungskosten(WK)-Abzug für ein häusliches Arbeitszimmer zusteht.
Die Kläger (Kl.) sind verheiratet. Mit Bescheid vom 27. Mai 1998 wurden diese vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer (ESt) 1996 veranlagt. Die von der Klin. beantragten WK für ein häusliches Arbeitszimmer lehnte das FA u.a. ab. Der ESt-Bescheid 1996 erging gemäß § 164 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Schreiben vom 12. Juni 1998 beantragte der Prozeßbevollmächtigte (PB) der Kl. die Erteilung eines geänderten ESt-Bescheides für 1996 und bat u.a., die Kosten für das Arbeitszimmer in voller Höhe zum Abzug zuzulassen.
Das FA teilte dem PB der Kl. daraufhin mit Schreiben vom 12. August 1998 mit, daß es den Antrag des PB vom 12. Juni 1996 als Änderungsantrag gemäß § 164 Abs. 2 AO ansehen würde, verweigerte aber den begehrten WK-Abzug.
Mit Schreiben vom 20. August 1998 teilte der PB der Kl. dem FA mit, daß er auch unter Würdigung des Schreibens des FA vom 12. August 1998 seinen Antrag auf Erteilung eines geänderten Bescheides für 1996 nicht zurücknehme, und bat um die Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 1998 teilte das FA dem PB der Kl. mit, daß es dem Änderungsantrag nicht zu entsprechen vermag. In der anschließenden Rechtsbehelfsbelehrung heißt es: „Gegen diese Entscheidung kann beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Klage erhoben werden.”
Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehren die Kl., im Rahmen des angefochtenen ESt-Bescheides für 1996 den beantragten unbegrenzten Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer zuzulassen.
Die Kl. beantragen,
den angefochtenen ESt-Bescheid entsprechend ihren Ausführungen zu ändern.
Das FA beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen.
Zur Begründung führt es aus: Der ablehnende Verwaltungsakt vom 28. Oktober 1998 des FA habe die Rechtsbehelfsbelehrung „Klage” enthalten, hätte jedoch die Rechtsbehelfsbelehrung „Einspruch” enthalten müssen. Die Kl. hätten gegen den ablehnenden Verwaltungsakt Klage erhoben, ohne daß ein Vorverfahren über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf geführt worden sei. Der Klageschrift sei nicht zu entnehmen, daß eine Sprungklage i.S. von § 45 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Kl. geführt werden solle. Die Klage sei somit nach § 44 Abs. 1 FGO unzulässig, da kein vorgeschaltetes außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren geführt worden sei. Da der am 27. Mai 1998 ergangene ESt-Bescheid 1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei, sei ein erneuter Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO sowie gegebenenfalls ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren möglich.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Beigezogen und Gegenstand des Verfahrens waren die ESt-Akten 1992 bis 1996 des FA betreffend die Kl. – St.Nr. … –.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Gemäß § 44 Abs. 1 FGO ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Soweit der Regelungsbereich des § 44 Abs. 1 FGO reicht, ist die Erfolglosigkeit des außergerichtlichen Rechtsbehelfs Sachentscheidungsvoraussetzung (Bundesfinanzhof -BFH- Bundessteuerblatt -BStBl- II 1985, 266).
Ein im Streitfall erforderliches Vorverfahren haben die Kl. nicht durchgeführt.
Der ESt-Bescheid 1996 vom 27. Mai 1998 erging gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zu Recht geht das FA davon aus, daß die Kl. mit Schreiben vom 12. Juni 1998 einen Änderungsantrag gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO gestellt haben. Die Kl. beantragten ausdrücklich die Erteilung eines geänderten ESt-Bescheides für 1996. Im Schreiben vom 20. August 1998 der Kl. heißt es, daß sie ihren Antrag auf Erteilung eines geänderten Bescheides für 1996 nicht zurücknehmen würden. Das FA hat mit Bescheid vom 28. Oktober 1998 den Änderungsantrag abgelehnt. Statthafter Rechtsbehelf gegen diesen Verwaltungsakt ist gemäß § 347 Abs. 1 Nr. 1 AO der Einspruch.
Unerheblich ist dabei, daß das FA eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung erteilt hat. Das FA hatte fälschlicherweise mitgeteilt, daß gegen den Verwaltungsakt vom 2...