Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifizierung eines Mobilheims als Gebäude im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes
Leitsatz (amtlich)
Ein auf einer Mietparzelle auf einem Campingplatz stehendes Mobilheim kann bei einer festen Verankerung auf dem Grundstück und einer beabsichtigten Dauernutzung zu Ferienzwecken steuerlich als Gebäude zu qualifizieren sein. Dies gilt auch dann, wenn das Mobilheim nach wie vor auf einem Fahrgestell ohne Straßenzulassung steht, die Nutzungsfunktion des Fahrgestells wegen der Verankerung des Mobilheims auf dem Grundstück jedoch faktisch aufgehoben ist.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2; BewG § 68 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 3; BGB §§ 94-95
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Qualifizierung eines Mobilheims als Gebäude auf fremdem Boden im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
Die Kläger erwarben mit Vertrag vom 07.06.2015 ein gebrauchtes Mobilheim mit einer Masse von 9,11 Meter x 3,30 Meter x 3 Meter zum Übergabestichtag 01.07.2015. Der Kaufpreis betrug einschließlich Inventar 29.750 Euro. Das 2004 hergestellte Mobilheim ist mit einem Fahrgestell ohne Straßenzulassung ausgestattet. Es kann über die angebrachten Räder und eine Deichsel im Nahbereich örtlich versetzt werden. Der Überlandtransport des Mobilheims erfolgt durch Tieflader.
Im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Kläger befand sich das Mobilheim auf einem Campingplatz in A auf einem Mietstellplatz in Größe von 174 qm. Nach den Angaben der Voreigentümer im Fragebogen zur Einheitsbewertung wurde das Mobilheim dort erstmals im Jahre 2004 aufgestellt. Der Standort des Mobilheims blieb seit der Erstaufstellung unverändert. Parallel zum Abschluss des Kaufvertrages übernahmen die Kläger den Stellplatzmietvertrag der Voreigentümer vom 09.08.2011. Dieser nimmt in § 1 Bezug auf den Bebauungsplan Nr. 9b der Gemeinde A und stellt klar, dass eine Berechtigung zur Verlegung des ersten Wohnsitzes auf die Parzelle nicht besteht. Die Mietdauer ist gemäß § 3 des Vertrages auf fünf Jahre festgelegt. Der jährliche Grund-Mietzins beträgt gemäß § 4 des Vertrages 1.395,48 Euro. Zur Parzellenerschließung ist unter § 5 des Vertrages folgendes ausgeführt: "5.1.2 Strom und Kabel-TV-Anschluss erfolgt seitens des Vermieters am Verteilerkasten. Feste Anschlüsse sind vom Vertragselektriker des Vermieters vornehmen zu lassen. Wasser- und Abwasseranschluß erfolgt an der Parzellengrenze mit der dort befindlichen Zählereinheit; Gasanschluß wird bis in bzw. an das Mobilheim einschließlich der Zählereinheit ausgeführt". Gemäß § 6 des Vertrages hat der Mieter Erschließungskosten in Höhe von 2.454,24 Euro als einmaligen Anschlussbeitrag an die Vermieterin zu entrichten.
Die Aufstellung des Mobilheims auf der Mietparzelle stellt sich wie folgt dar: Es steht mit seinen Rädern auf einer ebenen, betonierten Fläche ohne gemauertes Fundament und ist über ausgedrehte Stützen, Holzblöcke, einzelne lose aufgeschichtete Steine und eine in die Betonfläche eingeschraubte Kette mit dem Boden "verankert". Das Fahrwerk ist bis zum Boden des Stellplatzes verkleidet und von außen nicht erkennbar.
Im Sommer 2016 beauftragte der Kläger die Fa. C mit der Anbringung eines nicht wärmegedämmten Wintergartens an das Mobilheim zum Preis von 15.500 Euro. Mit Vertrag vom 01.06.2018 veräußerten die Kläger das Mobilheim nebst Wintergarten an Frau E zum Preis von 53.000 Euro.
Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - würdigte den Erwerb des Mobilheims durch die Kläger als gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m.§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG steuerpflichtiges Geschäft und setzte gegenüber ihnen als Miteigentümer zu je 1/2 durch Bescheide vom 09.02.2017 jeweils Grunderwerbsteuer in Höhe von 966 Euro fest. Hiergegen erhoben die Kläger am 19.02.2017 Einspruch: Das Mobilheim sei nicht als Gebäude auf fremden Grund zu qualifizieren, weil es wie ein Wohnwagen auf Rädern wegbewegt werden könne. Unabhängig davon sei die Bemessungsgrundlage zu hoch angesetzt, da Inventar im Gegenwert von 8.999 Euro und eine mängelbedingte Kaufpreisminderung von 1.000 Euro in Abzug zu bringen seien. Mit Einspruchsentscheidungen vom 28.05.2018 setze das FA die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Einwendungen zur Bemessungsgrundlage auf jeweils 641 Euro herab und wies die Einsprüche im Übrigen zurück: Das Mobilheim stelle unabhängig davon, ob es zivilrechtlich als wesentlicher Grundstücksbestandteil im Sinne des§ 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu qualifizieren sei, ein Gebäude im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes dar. Von der Grunderwerbsteuer seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch bewegliche bzw. nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbundene Sachen im Sinne des § 95 BGB erfasst, sofern es sich um umschlossene Räume handele, die zum nicht lediglich vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt seien und eine gewisse Ortsfestigkeit hätten. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Das Mobilheim diene als örtlich gebundene Unterkunft in einem ...