Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 06.06.2006; Aktenzeichen 11 O 23/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6. Juni 2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Lübeck unter Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage im Übrigen geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24 480,34 EUR zu zahlen nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2005.
Dem Beklagten bleibt vorbehalten, nach Zahlung des ausgeurteilten Betrages seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Insolvenzverwalter bis zur Höhe von 24 480,34 EUR zu verfolgen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 87 % der Beklagte; zu 13 % fallen sie dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der S. GmbH.
Der Beklagte erwarb mit notariellem Vertrag vom 4. September 1996 sämtliche Anteile an der Insolvenzschuldnerin zu einem Preis von 1,00 DM von der Ehefrau des Kurt S.. Die Übertragung der Anteile erfolgte mit Zustimmung des Kurt S., der seinerseits zuvor mit Vertrag vom 29. August 1996 sämtliche Anteile an der GmbH an seine Ehefrau übertragen hatte.
Unter dem 15. Juli 1993 erteilte Kurt S. dem Beklagten notariell eine Generalvollmacht (Anlage K6 Bl. 34 – 37). Kurt S. ist seit Jahren in Südamerika aufenthältig.
Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Beklagte als faktischer Geschäftsführer die Geschäfte der Insolvenzschuldnerin geleitet hat, ob die Insolvenzschuldnerin spätestens im September 2003 überschuldet bzw. zahlungsunfähig gewesen ist und ob 1996 eine wirtschaftliche Neugründung der GmbH erfolgt ist.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 28 032,23 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 12. September 2005 zu zahlen, es dem Beklagten jedoch vorzubehalten, nach Zahlung des ausgeurteilten Betrages seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe deckt, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen bis zur Höhe von 28 032, 23 EUR.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die volle Stammeinlage in Höhe von 50 000,– DM = 25 564,59 EUR zu zahlen. Dabei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die vom Beklagten übernommene Firma eine Mantelfirma gewesen ist, die im Jahre 1996 eine wirtschaftliche Neugründung erfahren hat. Da die satzungsmäßig festgelegte Stammeinlage im Jahre 1990 bereits verbraucht gewesen sei, habe neues Haftkapital zugeführt werden müssen. Hierfür hafte der Beklagte. Wegen eines Betrages von 2 467,64 EUR hat das Landgericht den Beklagten wegen Insolvenzverschleppung als faktischen Geschäftsführer gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG in die Haftung genommen. Die Firma sei ab 01. September 2003 insolvent gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Beklagte als faktischer Geschäftsführer für den sich nach Südamerika abgesetzten Geschäftsführer K. S. Insolvenzantrag stellen müssen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der geltend macht:
eine wirtschaftliche Neugründung habe zum Zeitpunkt des Erwerbs der Geschäftsanteile am 04. September 1996 nicht vorgelegen. Selbst wenn man aber hiervon ausgehe, sei aufgrund des Umstandes, dass bei der Mantelverwendung auf der materiell-rechtlichen Haftungsebene das Haftungsmodell der Unterbilanzhaftung entsprechend angewendet werde, eine Verjährung der Ansprüche eingetreten.
Eine Haftung als tatsächlicher faktischer Geschäftsführer wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG komme nicht in Betracht. Er, der Beklagte, sei nicht faktischer Geschäftsführer gewesen. Zwar sei zutreffend, dass ihm, dem Beklagten, Generalvollmacht am 15.07.1993 erteilt worden sei, diese Generalvollmacht sei jedoch nicht für den Zweck der Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin erteilt worden, sondern für die gesamten geschäftlichen Belange des Herrn S. persönlich. Nur in dieser Funktion habe er als Generalbevollmächtigter Verträge für Herrn S. unterschrieben.
Aus der Bilanz zum 31.12.2002 ergebe sich bei richtiger Lesart nicht etwa ein ungedeckter Fehlbetrag, sondern ein Kapital in Höhe von 40 700,46 EUR (Beweis: Sachverständigengutachten) Aus der eigenen Rechnung vom 22.09.2003 gegenüber der Involvenzschuldnerin in Höhe von 34 358,04 EUR könne bezüglich einer Überschuldung nichts hergeleitet werden. Dass Forderungen gegenüber der Insolvenzschuldnerin bis zum 01. März 2004 auf 81 862,59 EUR aufgelaufen seien, beruhe lediglich darauf, dass sog. Sprungbelastungen erfolgt seien.
Ihm sei auch nicht bekannt gewesen, dass werthaltige Abonnements seit September 2003 nicht mehr e...