Normenkette
AktG § 93 Abs. 2, 3 Nr. 6
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 28. April 2020, Az. 5 O 88/17, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Beklagten vorbehalten bleibt, nach Zahlung eines Betrages in Höhe von 21.878,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2017 an die Masse von der Klägerin als Insolvenzverwalterin nach Rang und Höhe den Betrag zu fordern, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger der C. Energie AG im Insolvenzverfahren erhalten hätten, wenn sie nicht durch die von dem Beklagten veranlassten Zahlungen begünstigt worden wären.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der C. Energie AG (im Weiteren: Schuldnerin) den Beklagten aus Vorstandshaftung wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch.
Die Schuldnerin wurde im Dezember 2011 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens war die Planung, Entwicklung und Errichtung von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien nebst Beschaffung der zugehörigen Finanzierung und Vermarktung sowie der Erwerb, die Finanzierung und die Vermarktung bestehender Anlagen und deren Betrieb. Das Grundkapital betrug zuletzt 240.964 Euro und war in 240.964 nennwertlose Stückaktien eingeteilt, von denen der Beklagte 142.772 Aktien hielt. Zum Vorstand der Schuldnerin waren der Beklagte und Herr ... bestellt.
Einziges Projekt der Schuldnerin war die Errichtung eines Solarkraftwerks in X. im Ausland. Als Vertragspartner des Energieversorgungsunternehmen in X. sollte eine Schweizer Aktiengesellschaft (im Weiteren: B. AG), fungieren. 100 % der Anteile der B. AG hielt die ... (im Weiteren: C. GmbH), an der wiederum die Schuldnerin 100 % der Anteile hielt. Die Vertragsverhandlungen zwischen dem Energieversorgungsunternehmen in X. und der B. AG betreffend die Umsetzung des Projekts waren zu Beginn des Jahres 2014 fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Im Frühjahr 2014 gerieten sie in Folge politischer Umwälzungen in X. ins Stocken.
Nach den Jahresabschlüssen für die Jahre 2012 bis 2014 erzielte die Schuldnerin bei betrieblichen Aufwendungen für diese drei Jahre von insgesamt etwa 1.000.000 Euro Verluste in Höhe von etwa 332.000 Euro im Jahr 2012, etwa 22.500 Euro im Jahr 2013 und etwa 271.000 Euro im Jahr 2014. Im Sommer 2014 verringerte die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb in erheblichem Umfang. Danach beschäftigte sie keine Mitarbeiter mehr. Ein zuvor bestehendes Mietverhältnis über Geschäftsräume beendete sie. Die Geschäftsanschrift befand sich seitdem an der Privatanschrift des Beklagten.
In der Zeit vom 12. Januar bis zum 9. November 2015 wurden vom Geschäftskonto der Schuldnerin Abbuchungen über insgesamt 21.828,27 Euro vorgenommen.
Am 13. Juli 2015 stellte ein ehemaliger Aufsichtsrat und Aktionär der Schuldnerin Insolvenzantrag wegen offener Vergütungsansprüche über 7.000 Euro. Am 13. November 2015 stellte die Schuldnerin Eigenantrag. Mit Beschluss vom 12. Januar 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Auf dem Geschäftskonto der Schuldnerin befand sich zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von 46,07 Euro.
Seit dem 2. November 2015 hatte die B. AG keinen Vorstand mehr. Am 31. März 2016 wurde sie im Handelsregister des Kantons ... gelöscht.
Die Beteiligung der Schuldnerin an der C. GmbH veräußerte die Klägerin im März 2016 an Herrn .... Zu diesem Zeitpunkt war die Stammeinlage der C. GmbH nur zum Teil eingezahlt und der gezahlte Betrag im Vermögen der Gesellschaft nicht mehr vorhanden. Als Kaufpreis für die Beteiligung vereinbarten die Beteiligten 50.000 Euro, von denen 2.000 Euro unbedingt und die restlichen 48.000 Euro nur bei Anfall entsprechender Provisionen aus einem von Herrn ... betriebenen Projekt zu zahlen sein sollten. Dieses Projekt ist inzwischen eingestellt, ohne dass entsprechende Provisionen angefallen sind.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 forderte die Klägerin den Beklagten zur Erstattung der im Jahr 2015 vom Geschäftskonto der Schuldnerin abgebuchten Beträge bis zum 21. Februar 2017 auf.
Die Klägerin hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits am 31. Dezember 2014 überschuldet gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei ihre Beteiligung an der C. GmbH wertlos gewesen, da auch die Beteiligung der C. GmbH an der B. AG keinen Wert mehr gehabt habe. Bis zu diesem Zeitpunkt getätigte Aufwendungen der Schuldnerin auf das Photovoltaikprojekt in X. seien ebenfalls wertlos gewesen. Die Klägerin...