Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich abgeschlossenen Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende übereinstimmende Erklärungen abgegeben, die einen integrierenden Teil des Vertrages bilden:
Zu Artikel 1
(1) Öffentliche Abgaben im Sinne dieses Vertrages sind Geldleistungen steuerlichen Charakters, auch wenn sie unter der Bezeichnung "Gebühr" oder "Beitrag" oder wenn sie für Sondervermögen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder Gemeindeverbände im Verwaltungswege erhoben werden. Die Bestimmungen des Vertrages finden auch auf die steuerlichen Nebenleistungen, insbesondere auf die im Verwaltungsstrafverfahren verhängten Geldstrafen, auf Säumniszuschläge und Kosten Anwendung.
(2) Die Umsatzsteuer, mit Ausnahme der Ausgleichsteuer, sowie die Kraftfahrzeugsteuer gelten nicht als Verbrauchsteuern im Sinne des Artikels 1.
(3) Für die vom Bund verwalteten Verbrauchsteuern, sowie für Zölle und Monopolabgaben wird eine besondere Vereinbarung über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Aussicht genommen.
Zu Artikel 2
Die gleiche Behandlung soll sich sowohl auf das formelle als auch auf das materielle Abgabenrecht beziehen.
Zu Artikel 3
(1) Die materielle Gegenseitigkeit wird derzeit für gegeben erachtet. Beide Staaten verpflichten sich, wesentliche Änderungen ihrer Abgabengesetzgebung, die für das Bestehen der materiellen Gegenseitigkeit bedeutsam sind, einander mitzuteilen. Jeder Staat ist berechtigt, die Gewährung der Rechtshilfe insoweit einzuschränken, als die materielle Gegenseitigkeit nicht mehr besteht.
(2) Die Abgabenbehörden der beiden Staaten werden sich nach Tunlichkeit über abgabenrechtlich bedeutsame Tatbestände auch ohne besonderes Ersuchen gegenseitig unterrichten.
Zu Artikel 4
Finanzgerichten stehen bei der Stellung von Rechtshilfeersuchen die gleichen Befugnisse zu wie den Finanzämtern.
Zu Artikel 5
Eine Übersendung von Akten kann grundsätzlich nicht gefordert werden. Ausnahmen bedürfen des Einvernehmens der beiderseitigen Bundesfinanzministerien. Ersuchen um Übermittlung von Akten sollen indessen nur gestellt werden, wenn dringende Interessen des ersuchenden Staates es erheischen. Unberührt bleibt die Befugnis jedes Staates, seinen Ersuchen eigene Akten beizugeben, die der Durchführung der Ersuchen dienen sollen.
Zu Artikel 6
Zu den wesentlichen Interessen gehört insbesondere die Wahrung der Hoheitsrechte und der Sicherheit. Der ersuchte Staat kann die Rechtshilfe hiernach auch ablehnen, wenn die Anwendung seiner Rechtsvorschriften von einer Tatsache abhängt, die außerhalb seiner Rechtsordnung gelegen ist oder wenn sein Recht durch eine solche Tatsache betroffen ist.
Zu Artikel 11
Die Vollstreckung wird von denselben Organen und mit denselben Mitteln des Verfahrens durchgeführt, die für die von den Finanzämtern verwalteten Abgaben bestimmt sind. Der Antrag auf Bewilligung der gerichtlichen Exekution wird in der Republik Österreich von der Finanzprokuratur oder dem an ihrer Stelle zuständigen Finanzamt gestellt.
Zu Artikel 11 und 12
Sind die Voraussetzungen der Niederschlagung oder der Aussetzung der Einbringung wegen Uneinbringlichkeit der Abgaben nach den Vorschriften des ersuchten Staates gegeben, so leitet die ersuchte Behörde das Ersuchen mit einer Bescheinigung über das Vorliegen der Voraussetzungen und mit den hierfür vorhandenen Belegen an die ersuchende Behörde zurück.
Zu Artikel 14
Die Vereinbarung weitergehender Rechtshilfe in Abgabenstrafsachen wird in Aussicht genommen.
Zu Artikel 17
Rechtsschutz und Rechtshilfe sollen grundsätzlich auch für Abgabenansprüche und im Hinblick auf Tatsachen gewährt werden, die sich auf die Vergangenheit beziehen. Es werden jedoch Ersuchen um Vollstreckung oder Sicherung von Ansprüchen, die die Zeit vor dem 1. Januar 1949 betreffen, nicht gestellt werden.
Unterzeichnet:
Für die Bundesrepublik Deutschland gezeichnet:
W. Mersmann
Für die Republik Österreich gezeichnet:
Dr. J. Stangelberger
Dr. O. Watzke