OFD Frankfurt, Verfügung v. 31.1.2007, S 7170 A - 69 - St 112

Bezug: FinMin Hessen, Erlass vom 8.7.2003, S 7170 A – 39 – II A 4a; FinMin Hessen, Erlass vom 30.12.2004, S 7170 A – 39 – II 5a; FinMin Hessen, Erlass vom 7.4.2005, S 7170 A – 39 – II 5a; FinMin Hessen, Erlass vom 13.12.2006, S 7170 A – 39 – II 51; BMF-Schreiben vom 19.10.2004, IV A 6 – S 7170 – 13/04

1. Die Frage, ob die Tätigkeit eines ästhetisch-plastischen Chirurgen bei sog. Schönheitsoperationen als ärztliche Heilbehandlung anzusehen ist und damit zur Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG führt, war Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder.

Dabei wurde Folgendes beschlossen:

1.1 Eine generelle Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen (Schönheitsoperationen) kommt nicht in Betracht.

Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, ob diese Leistung der medizinischen Betreuung eines Menschen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dient und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (z.B. bei Eingriff wegen psychischer Belastung, nicht jedoch bei rein kosmetischen Eingriffen).

Indiz hierfür kann die regelmäßige Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein.

1.2 Ungeachtet der eindeutigen Rechtslage, nach der ärztliche Leistungen, bei denen nicht die medizinische Betreuung von Personen im Vordergrund steht, umsatzsteuerpflichtig sind (vgl. Urteil des EuGH vom 14.9.2000, Rs. C-384/98, UR 2000 S. 432), sind von einigen Oberfinanzdirektionen bzw. Finanzämtern unterschiedliche Verfügungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Schönheitsoperationen – insbesondere auch was den Zeitpunkt der Anwendung der o.g. Grundsätze betrifft – ergangen bzw. Auskünfte erteilt worden.

Das Bundesministerium der Finanzen hat unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Verfügungen bzw. Auskünfte auf eine gleichmäßige Rechtsanwendung hingewirkt: Aus Billigkeitsgründen wird es nach dem Ergebnis der Erörterungen der Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abweichend von den allgemeinen Grundsätzen nicht beanstandet, wenn vor dem 1.1.2003 erbrachte Leistungen auf dem Gebiet der Schönheitschirurgie als steuerfrei behandelt werden, soweit durch Erlasse oder Verfügungen oder einzelne Auskünfte in den Ländern entsprechende Vertrauenstatbestände geschaffen wurden.

Derartige Vertrauenstatbestände sind in Hessen durch Erlasse des FinMin Hessen oder durch Verfügungen der OFD Frankfurt am Main nicht geschaffen worden. Danach sind in Hessen Leistungen auf dem Gebiet der Schönheitschirurgie ab dem 1.1.2002 der Umsatzsteuer zu unterwerfen, soweit nicht im Einzelfall Vertrauensschutz (u.a. z.B. durch Zuzug aus einem anderen Bundesland, in dem derartige Verfügungen erlassen wurden) zu gewähren ist.

Für Besteuerungszeiträume vor 2002 sind an die steuerliche Behandlung durch den Unternehmer keine strengeren Maßstäbe anzulegen, als die damalige Rechtsauffassung der Finanzverwaltung dies vorsah.

Die v.b. Grundsätze sind auch auf vergleichbare Leistungen z.B. eines Dermatologen oder Anästhesisten anzuwenden.

2. Wenn Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerpflichtig sind, ist eine Umsatzsteuerpflicht vergleichbarer Leistungen auch bei Krankenhäusern, Diagnosekliniken usw. anzunehmen, da nach § 4 Nr. 16 UStG ebenfalls nur Heilbehandlungen begünstigt werden sollen.

3. Beispiele für steuerpflichtige Umsätze:

Fettabsaugung, Faltenbehandlung, Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Lifting, Nasenkorrekturen, Hautverjüngung (Lasertherapie), Lippenaufspritzung, Botox-Behandlung (Verminderung von Falten durch Einspritzen eines stark verdünnten Nervengiftes Botulinum-Toxin), Permanent Make-up, Anti-Aging Behandlung, Bleaching (Bleichen der Zähne) und Dentalkosmetik.

4. Der BFH hat die vorgenannten Grundsätze in dem Revisionsverfahren V R 27/03 mit Urteil vom 15.7.2004, BStBl 2004 II S. 862 (Vorinstanz: FG Berlin, Urteil vom 12.11.2002, 7 K 7264/02, EFG 2003 S. 418) bestätigt. Die gegen dieses Urteil am 4.10.2004 eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4.7.2006, 1 BvR 2241/04 nicht zur Entscheidung angenommen. Ruhende Einspruchsverfahren sind wieder aufzunehmen und entsprechend zum Abschluss zubringen.

Die Vfg. vom 7.4.2005, S 7170 A – 69 – St I 2.30 ist durch diese Vfg. überholt und kann ausgesondert werden.

Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14

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