Anspruch aus dem Unionsrecht: Der EuGH wies zunächst noch einmal darauf hin, dass es sich beim Anspruch auf Erstattung unionsrechtswidrig erhobener Steuern um einen unionsrechtlich garantierten Anspruch handelt.
MS regeln die Ausübungsvoraussetzungen: Bestehen und Umfang des Direktanspruchs ergeben sich also nicht aus dem Recht der Mitgliedstaaten (MS). Diese sind – sofern das Unionsrecht keine entsprechenden Regelungen enthält – (nur) dafür zuständig, unter Beachtung der unionsrechtlichen Besteuerungsgrundsätze die Voraussetzungen zu regeln, unter denen eine solche Erstattung verlangt werden kann.
Abwicklung "in der Lieferkette" als Regelfall zulässig: Dafür, wie solche Regelungen auszusehen hätten, verwies der Gerichtshof im vorliegenden Urteil auf seine ständige Rechtsprechung, der zufolge ein System, in dem zum einen der Leistende die Erstattung der MwSt von den Steuerbehörden verlangen, zum anderen der Leistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung einer nicht geschuldeten Steuer gegen den Leistenden erheben könne, grundsätzlich unionsrechtskonform sei.
Aber Direktanspruch, wenn Regelfall unzumutbar: Werde aber die Erstattung der MwSt unmöglich oder übermäßig schwierig, könne sich aus den unionsrechtlichen Grundsätzen ergeben, dass dem Leistungsempfänger die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, einen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden zu richten ("Direktanspruch").
Kein Direktanspruch bei Betrug/Missbrauch: Die Erstattung sei dem LE (nur) zu versagen, wenn (objektiv) feststehe, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht werde. Lägen solche Umstände nicht vor, dürfe die Erstattung nicht versagt werden, und zwar selbst dann, wenn der Steuerpflichtige nachweislich fahrlässig gehandelt habe.
Direktanspruch besteht: Hieraus folgerte der Gerichtshof, dass dem LE ein Direktanspruch zustehe, wenn er die MwSt-Beträge von L nicht mehr zurückerlangen könne, weil dieser sich auf Verjährung berufe.
"Doppelte Erstattung" ...: Dies gelte selbst dann, wenn "formal die Möglichkeit besteht", dass L nach der Weigerung, die MwSt-Beträge an LE zurückzuzahlen, und nachdem LE sein Geld im Wege des Direktanspruchs von seinem FA wiederbekommen habe, die Erstattung der von ihm abgeführten MwSt im Wege einer Steuerberichtigung gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG beantrage ("Steuerkorrekturverfahren"). Die vom FG gesehene Gefahr, dass der Fiskus die Steuerbeträge ein zweites Mal erstatten müsse, sei nämlich grundsätzlich ausgeschlossen.
... wäre missbräuchlich: So wäre es missbräuchlich, wenn L einen Antrag auf Erstattung der zu viel gezahlten Beträge bei der Steuerbehörde stellen sollte, nachdem diese dem LE die zu viel gezahlten Beträge erstattet habe, obwohl L zunächst die Einrede der Verjährung erhoben und damit klar zu erkennen gegeben habe, dass er an der Berichtigung der Situation kein Interesse habe. Dies habe keinen anderen Zweck als den, sich einen Steuervorteil zu verschaffen, der gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstoße. Und in solchen Fällen missbräuchlichen Handelns sei die Erstattung (wie vorstehend ausgeführt) zu versagen.
Zinsen: Außerdem stellte der EuGH fest, der Direktanspruch des LE sei (natürlich) zu verzinsen.