Leitsatz
1. Die Ausgleichsrente nach § 1587g BGB ist dem Grund nach beim Ausgleichsverpflichteten als Sonderausgabe (dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abziehbar.
2. Soweit der Ausgleichsrente eine nur mit dem Ertragsanteil steuerbare Leibrente des Ausgleichsverpflichteten zugrunde liegt, mindert sich die Steuerbemessungsgrundlage des Verpflichteten nur in Höhe des Ertragsanteils und nur in dieser Höhe hat der Berechtigte die Ausgleichsrente nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG als wiederkehrende Leistungen der Besteuerung zu unterwerfen.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG , § 22 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Ehe der Klägerin mit dem Beigeladenen wurde 1991 geschieden. Beide verzichteten auf die Durchführung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs i.S.v. § 1587a BGB. Stattdessen verpflichtete sich der Beigeladene, an die Klägerin die Hälfte seiner Versorgungs- und Rentenansprüche gegen seine frühere Arbeitgeberin und gegen deren Pensionskasse zu zahlen. Das FA berücksichtigte die aufgrund dieser Vereinbarung vom Beigeladenen an die Klägerin geleisteten Zahlungen beim Beigeladenen in voller Höhe (ca. 36.000 DM) als Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
Mit der dagegen erhobenen Klage erstrebte die Klägerin, die an sie geleisteten Zahlungen beim Beigeladenen lediglich mit dem Ertragsanteil (23 %) als Sonderausgaben abzuziehen, damit sie selbst lediglich diesen Ertragsanteil und nicht die vollen Zahlungen nach § 22 Nr. 1 EStG versteuern müsse. Das FG wies die Klage ab (EFG 1998, 309). Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Entscheidung
Zu Recht habe das FG zwar erkannt, dass die Zahlungen des Beigeladenen an die Klägerin bei jenem als Sonderausgaben (dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abziehbar seien. Soweit aber der Ausgleichsrente der Klägerin eine nur mit dem Ertragsanteil steuerbare Leibrente des Beigeladenen zugrunde liege, mindere sich die Steuerbemessungsgrundlage beim Beigeladenen nur in Höhe des Ertragsanteils. Nur in dieser Höhe habe die Klägerin die Ausgleichsrente nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG als wiederkehrende Leistungen zu versteuern.
Im zweiten Rechtsgang müsse das FG nunmehr feststellen, in welchem betragsmäßigen Umfang die Ansprüche des ausgleichsverpflichteten Beigeladenen in voller Höhe steuerbar seien bzw. ob es sich – ganz oder teilweise – um Leibrenten i.S.v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG handele, die nur mit dem Ertragsanteil der Besteuerung unterlägen.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung hat der BFH die in der Literatur und in der Rechtsprechung der Finanzgerichte rege umstrittene Frage der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in dem Sinn beantwortet, dass die Rentenzahlungen des Verpflichteten an den Berechtigten einen Transfer steuerbarer Einkünfte vom Zahlenden auf den Zahlungsempfänger auslösen.
Ohne die Annahme eines solchen Einkünftetransfers würde der Ausgleichsverpflichtete über seine persönliche Leistungsfähigkeit hinaus besteuert. Er müsste die gesamten Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG bzw. die vollständigen Erträge seiner Rentenbezüge gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG der Besteuerung unterwerfen, ohne dass hinsichtlich der von ihm an seinen geschiedenen Ehegatten weitergeleiteten Zahlungen ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 1a EStG in Betracht käme.
Andererseits würde die dem Ausgleichsberechtigten nach § 1587g BGB zustehende Ausgleichsrente bei diesem nicht der Besteuerung unterliegen.
Dieses – nicht haltbare – Ergebnis stünde in einem nicht auflösbaren Wertungswiderspruch zur steuerlichen Behandlung des dinglichen Versorgungsausgleichs. Dieser führt bekanntlich dazu, dass der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte eine eigene Einkunftsquelle hat und somit originär steuerpflichtig ist. Jeder der geschiedenen Ehegatten muss nur diejenigen Einkünfte versteuern, die ihm selbst zur freien Verfügung zufließen. Dasselbe Ergebnis wird beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durch den im Besprechungsurteil befürworteten Einkünftetransfer hergestellt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.9.2003, X R 152/97