Leitsatz
Schuldzinsen sind als Werbungskosten nur solange abzugsfähig, wie sie im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Entstehung mit einer Einkommensart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Bei Schuldzinsen für ein zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH aufgenommenes Darlehen ändert die schrittweise Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG hieran nichts.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002
Sachverhalt
Der Kläger war zu über 50 % an einer GmbH beteiligt. Die Gesellschafter der GmbH beschlossen im Jahr 2001 formlos die Auflösung der Gesellschaft. Eine Liquidation fand mangels Masse nicht statt. Sämtliche gesellschaftlichen Aktivitäten waren im Jahr 2001 beendet. Der Steuerpflichtige ist persönlich von der Sparkasse für die Schulden der Gesellschaft in Anspruch genommen worden, weil mangels Vorhandenseins von Vermögenswerten der GmbH eine Befriedigung aus Gesellschaftsmitteln nicht mehr möglich war.
Der Kläger nahm ein Darlehen auf, um damit die Inanspruchnahme seitens der Sparkasse aus der Bürgschaft und der Grundschuld abzuwenden, und tilgte die Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Sparkasse. Im Streitjahr 2003 musste er für das Darlehen Zinsen von insgesamt 8 382 € zahlen, die er als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machte. Das FA lehnte dies unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH ab, wonach nach Beendigung der GmbH entstandene Schuldzinsen nicht mehr berücksichtigungsfähig seien.
Entscheidung
Das FG wies die Klage als unbegründet ab, da nach Auflösung der GmbH ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Schuldzinsen mit dieser Beteiligung nicht mehr bestand.
Hinweis
1. Mit der Entscheidung vom 27.03.2007, VIII R 64/05, BFH-PR 2007, 326 hat der BFH seine ständige Rechtsprechung bestätigt, dass Zinsen, die der Gesellschafter einer GmbH nach Veräußerung der Beteiligung für ein Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung der im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen zahlt, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können.
2. Ausdrücklich offen blieb jedoch die Frage, ob er an seiner vorgenannten Rechtsprechung zum Ausschluss des sog. nachträglichen Schuldzinsenabzugs bei im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen auch noch für die Zeit nach Absenkung der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG maßgeblichen Beteiligungsgrenze auf 1 % durch das Gesetz vom 23.10.2000 und der damit, vorbehaltlich der „Bagatellgrenze”, einhergehenden konzeptionellen Gleichbehandlung von Gewinnausschüttung und Veräußerung festhält.
Gleiches gilt für die Frage, ob möglicherweise bereits für die Zeit nach Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze auf 10 % durch das Gesetz vom 24.03.1999 eine Änderung der Rechtsprechung zum nachträglichen Schuldzinsenabzug in Betracht zu ziehen ist.
3. Im Besprechungsurteil ist der Senat der Auffassung, dass die vorgenannten Absenkungen der Beteiligungsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu keiner anderen Beurteilung des Schuldzinsenabzugs führen. D.h. mit dem Wegfall der Einkünfteerzielung entfällt -- ungeachtet der Veranlassung der Aufwendungen durch den Erwerb oder Sicherung der Beteiligung -- auch der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart.
4. Der VIII. Senat wird im Revisionsverfahren nunmehr die Gelegenheit haben, sich zu den Auswirkungen der schrittweisen Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auf seine ständige Rechtsprechung zu äußern und damit die offen gelassenen Fragen selbst zu beantworten.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30.10.2007, 3 K 249/05 -- Rev. VIII R 36/07