Rz. 47

Die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung als solcher steht der Auswertung der im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen durch Erlass, Änderung oder Aufhebung von Steuer- und Feststellungsbescheiden nicht entgegen. Die Prüfungsanordnung bildet die Grundlage der Außenprüfung nicht nur in dem Sinne, dass sie die notwendige Voraussetzung für deren Durchführung darstellt, sondern auch in dem Sinne, dass sie deren Zulässigkeit gegenüber dem Stpfl. verbindlich feststellt. Solange die Prüfungsanordnung wirksam ist, kann dieser den aufgrund der Außenprüfung ergangenen Steuer- und Feststellungsbescheiden daher nicht entgegenhalten, dass die Prüfung rechtswidrig gewesen sei und die dabei gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertet werden dürften.[1]

Ein Verwertungsverbot besteht nur dann, wenn die Prüfungsanordnung nichtig oder im Einspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben oder ihre Rechtswidrigkeit im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage festgestellt worden ist.[2] Dasselbe gilt, wenn die Prüfungsanordnung von der Finanzbehörde außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben wurde.[3]

Haben die Prüfungsfeststellungen bereits Eingang in Steuerbescheide gefunden, müssen auch diese angefochten werden, um die Verwertung der Prüfungsfeststellungen zu verhindern.[4]

Hiernach besteht besteht grundsätzlich ein zweistufiges Verfahren zur Geltendmachung des Verwertungsverbots.[5] Nur in Fällen, in denen eine Prüfungsanordnung fehlt oder an einem gem. § 125 AO zur Nichtigkeit führenden Rechtsfehler leidet[6], kann das Verwertungsverbot ohne vorherige Anfechtung der Prüfungsanordnung im Rechtsbehelfsverfahren gegen die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide geltend gemacht werden.[7] Falls die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist, ist eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit aber zulässig, um die Weiterführung der Prüfung zu verhindern.[8]

Ein Verwertungsverbot besteht auch dann, wenn das FA die Prüfung ohne Erweiterungsanordnung über den sich aus der ursprünglichen Prüfungsanordnung ergebenden Umfang hinaus ausgedehnt hat und die Einwendungen des Stpfl. die davon nicht abgedeckten Feststellungen betreffen.[9] In Fällen der Erweiterung des Prüfungsumfangs hält es der BFH allerdings für ausreichend, dass die Erweiterungsanordnung vor Abschluss der aufgrund der ursprünglichen Prüfungsanordnung durchgeführten Außenprüfung ergeht. In diesem Fall soll sie auch eine Rechtsgrundlage für bereits zuvor durchgeführte Prüfungsmaßnahmen bilden.[10]

Soweit ein Verwertungsverbot eingreift, sind alle durch die Außenprüfung erlangten Kenntnisse unverwertbar.[11] Dies gilt allerdings nur für unmittelbar auf rechtswidrige Weise beschaffte Tatsachenerkenntnisse oder Beweismittel. Demgegenüber sollen Ermittlungsergebnisse, die gleichzeitig oder im Nachhinein aufgrund einer als solcher rechtmäßig durchgeführten Aufklärungsmaßnahme und in Form eines selbständigen Erkenntnismittels gewonnen oder bestätigt worden sind, auch dann verwertbar bleiben, wenn sie mittelbar auf den rechtswidrig erlangten Kenntnissen beruhen, weil sie erst durch diese ermöglicht oder veranlasst wurden. Eine Fernwirkung von Verwertungsverboten i. S. der nordamerikanischen "fruit-of-the-poisonous-tree-doctrine" zieht der BFH allenfalls bei qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstößen in Betracht.[12]

 

Rz. 48

Nach st. Rspr. des BFH wird das Verwertungsverbot durch die Art der Steuerfestsetzung eingeschränkt. Trotz Nichtigkeit oder erfolgreicher Anfechtung der Prüfungsanordnung sollen die getroffenen Prüfungsfeststellungen einer erstmaligen[13] oder der Änderung einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden[14] Steuerfestsetzung zugrunde gelegt werden können. Eine andere Beurteilung soll nur dann gelten, wenn entweder die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Außenprüfung nicht gegeben waren oder wenn im Rahmen der Prüfung schwerwiegende Verfahrensfehler unterlaufen sind, durch die ein verfassungsrechtlich geschützter Bereich des Stpfl. verletzt wurde, und die Prüfungsfeststellungen hierauf beruhen.[15]

Dies wird damit begründet, dass das FA im Fall der erstmaligen Steuerfestsetzung keiner Prüfungsanordnung zur Erforschung des Sachverhalts bedürfe. Vielmehr habe es diesen nach §§ 85, 88f. AO von Amts wegen umfassend zu ermitteln und dürfe dazu den Stpfl. gem. § 90 Abs. 1 AO heranziehen. Die Berechtigung zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts werde durch eine möglicherweise fehlerhafte Begründung für die Sachverhaltsermittlung nicht beeinträchtigt. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 127 AO überwiege das Interesse an einer gesetzmäßigen und gleichmäßigen Steuerfestsetzung dasjenige des Stpfl. an einem formal rechtmäßigen Verfahren. Für die Änderung von Steuerfestsetzungen, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien, gelte das Gleiche, weil diese nach § 164 Abs. 2 AO jederzeit möglich sei.[16]

Dieser Rspr. ist u. E. nicht zu folgen. Da ein großer Teil der Steuerfestsetzungen, die den Gegenstand ...

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