Rz. 15

Für einen Beteiligten, dessen Person und Aufenthalt zwar bekannt ist, der aber in dem Zeitpunkt, in dem die Finanzbehörde ein Verwaltungsverfahren einleiten oder fortsetzen will, ohne Aufenthalt

  • im Inland,
  • in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder
  • in einem anderen Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Island, Liechtenstein und Norwegen) anzuwenden ist,

erfordert die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen die Aufforderung der Finanzbehörde einen Bevollmächtigten für das konkrete Verwaltungsverfahren zu bestellen und den erfolglosen Ablauf einer diesem gesetzten angemessenen Frist.

Die Vorschrift unterstellt, dass ein Beteiligter ohne Aufenthalt im Inland/EU/EWR regelmäßig gehindert ist selbst im Verwaltungsverfahren aufzutreten. Dies galt nach der bis zum 22.7.2016 geltenden Rechtslage bereits für einen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs der AO – mithin außerhalb des Bundesgebiets (Inland). Aufgrund europarechtlichen Erwägungen wurde der räumliche Aufenthaltsbereich um den EU/EWR-Raum erweitert. Der Beteiligte darf sich daher weder im Inland noch in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR aufhalten, um eine Bestellung eines Vertreters von Amts wegen zu rechtfertigen.[1]

 

Rz. 16

Die Vorschrift stellt ausschließlich auf den tatsächlichen Aufenthalt ab. Auf den Wohnsitz i. S. v. § 8 AO oder den gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 9 AO oder auf die Staatsangehörigkeit kommt es folglich nicht an. Die Finanzbehörden haben im Allgemeinen keinen Anlass, die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen zu beantragen.[2] Aus diesem Grund muss der Aufenthalt des Beteiligten außerhalb der Grenzen des EWR auch für einen zumindest nicht unerheblichen Zeitraum bestehen.[3]

[1] Vgl. Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016, BStBl I 2016, 694; Koenig/Hahlweg, AO, 4. Aufl. 2021, § 81 Rz. 11; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 81 AO Rz. 78f.
[3] Koenig/Hahlweg, AO, 4. Aufl. 2021, § 81 Rz. 11.

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