2.2.1 Beteiligtenstellung
Rz. 12
Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 101 AO setzt voraus, dass sich das anhängige Verwaltungsverfahren (s. Rz. 6) nicht auf die Auskunftsperson selbst, sondern auf einen Angehörigen (s. Rz. 7f.) der Auskunftsperson bezieht und dieser Beteiligter ist. Der Begriff des Beteiligten wird durch § 78 AO bestimmt. Eine Ausdehnung des Beteiligtenbegriffs i. S. d. § 101 AO auch auf Personen, deren formale Beteiligtenstellung noch nicht erreicht ist, dürfte schon wegen der Unschärfe des damit erfassten Personenkreises und ferner wegen des ersichtlich an § 78 AO angelehnten Beteiligtenbegriffs ausscheiden.
Ist die Auskunftsperson selbst Beteiligter, so kann sie nur eingeschränkt die Mitwirkung verweigern. Im Verwaltungsverfahren gegen den Auskunftspflichtigen als Beteiligten kann dieser also nicht die Auskunft über steuerliche Verhältnisse, die für sein Verfahren von Bedeutung sind, verweigern, durch die aber Angehörige, die nicht Beteiligte sind, berührt werden.
Kein wechselseitiges Aussageverweigerungsrecht besteht, wenn mehrere Angehörige als Beteiligte des Verwaltungsverfahrens betroffen sind, z. B. bei Kontrollmitteilungen nach § 194 Abs. 3 AO im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung oder wenn der Angehörige im Weg der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung eines anderen Angehörigen eintritt.
Rz. 13
Bei Ehegatten, die die Zusammenveranlagung gewählt haben, ergibt sich hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse des anderen Ehegatten ein Auskunftsverweigerungsrecht, sofern es sich nicht um gemeinsame Besteuerungsgrundlagen handelt. Die Regelung des § 26b EStG zur Zusammenveranlagung hat nicht zur Folge, dass Ehegatten verfahrensmäßig als ein "Gesamt-Beteiligter" anzusehen sind. Ist ein Ehepartner nicht Beteiligter des Verfahrens, z. B. des Einspruchsverfahrens, so steht ihm das Auskunftsverweigerungsrecht uneingeschränkt zu. Ebenso besteht das Auskunftsverweigerungsrecht, wenn bei den Ehegatten eine getrennte Veranlagung erfolgt.
2.2.2 Auskunftspflicht für den Beteiligten
Rz. 14
Das Auskunftsverweigerungsrecht erfordert, dass die Auskunftsperson nicht in das Verwaltungsverfahren einbezogen ist, sondern als "andere Person" i. S. v. § 93 AO an einem fremden Verfahren mitwirken soll. Diese Situation ist nicht gegeben, wenn die Auskunftsperson zugleich für den angehörigen Beteiligten über dessen steuerliche Verhältnisse Auskunftspflichten zu erfüllen hat. Besteht die steuerrechtliche Verpflichtung, für einen Beteiligten zu handeln, so wird der Handlungspflichtige zwar nicht Beteiligter, er ist aber auch nicht eine "andere Person" i. S. v. § 93 AO. Diese besondere Form der Einbeziehung in ein fremdes Besteuerungsverfahren begründet den in § 101 Abs. 1 AO vorgesehenen Ausschluss des Aussageverweigerungsrechts. Der für den Beteiligten steuerlich Handlungspflichtige kann die Mitwirkung nur im gleichen Umfang verweigern, wie der Beteiligte es selbst könnte.
Rz. 15
Für den Beteiligten handlungspflichtig ist der in §§ 34, 35 AO aufgezählte Personenkreis der gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigten. Sie haben die Pflichten des Beteiligten als eigene steuerliche Pflichten zu erfüllen und haben demgemäß hinsichtlich der Auskunftspflicht nach § 93 Abs. 1 AO die gleiche Rechtsstellung wie ein Beteiligter.