Rz. 133
Der Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich nicht Vertreter der Erben, sondern Träger eines von dem Erblasser begründeten Amtes. Verwaltungsakte, die allein die Erben betreffen, können daher weder an den Testamentsvollstrecker adressiert noch ihm bekannt gegeben werden.
Handelt es sich um Steueransprüche, die der Erblasser noch vor seinem Tod verwirklicht hat, richtet sich die Rechtslage nach § 45 Abs. 2 AO i. V. m. § 2213 BGB. Danach können Nachlassverbindlichkeiten sowohl gegen die Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden. Zu diesen Nachlassverbindlichkeiten gehören auch Steueransprüche, wenn der Erblasser den Besteuerungstatbestand noch selbst verwirklicht hat. Die Finanzbehörde hat also die Wahl, ob sie solche noch von dem Erblasser verwirklichten Steueransprüche gegen den Testamentsvollstrecker oder gegen den Erben geltend macht (d. h. den Bescheid an ihn adressieren und ihm bekannt geben) will. Der Bescheid ist regelmäßig den Erben, nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben. Eine Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker soll nur im Rahmen einer erteilten Vollmacht möglich sein.
Rz. 134
Soweit der Testamentsvollstrecker den Nachlass verwaltet und hierdurch Steuertatbestände verwirklicht (z. B. Betriebssteuern für ein vom Testamentsvollstrecker fortgeführtes Unternehmen), ist der Erbe Adressat der Steuerbescheide.
Rz. 135
Ist der Steuerbescheid an den Testamentsvollstrecker zu adressieren, muss die Adressierung erkennen lassen, dass der Bescheid nicht gegen den Testamentsvollstrecker persönlich ergeht, sondern gegen ihn in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker nach einem bestimmten Erblasser. Ebenfalls muss sich aus der Adressierung ergeben, ob mit dem Bescheid eine Steuerschuld des Erblassers gegenüber dem Testamentsvollstrecker geltend gemacht oder der Bescheid ihm als Zustellungsbevollmächtigten der Erben bekannt gegeben wird.
Das Fehlen des Hinweises, dass die Adressierung an den Testamentsvollstrecker in dieser Eigenschaft und nicht als Steuerschuldner erfolgt, ist nur entbehrlich, wenn die Stellung als Testamentsvollstrecker unzweifelhaft feststeht, allen Beteiligten bekannt ist und er unter keinen denkbaren Umständen als Steuerschuldner in Betracht kommt.
Rz. 136
Nach § 32 Abs. 1 ErbStG sind ErbSt-Bescheide dem Testamentsvollstrecker und nach § 32 Abs. 2 ErbStG dem Nachlasspfleger bekannt zu geben, wenn von ihm nach § 31 Abs. 5 ErbStG die ErbSt-Erklärung abzugeben war, obwohl die ErbSt eine persönliche Steuer der Erben ist. Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Vertretungsmacht, die auf den Empfang der ErbSt-Bescheide beschränkt ist, also etwa nicht die Befugnis zum Einlegen eines Rechtsbehelfs umfasst. Die Regelung des § 32 ErbStG geht darauf zurück, dass Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger nach § 32 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 ErbStG für die Bezahlung der ErbSt zu sorgen haben und bei schuldhafter Nichterfüllung dieser Verpflichtung nach §§ 69, 34 AO haften. Sie sollen daher durch Bekanntgabe des ErbSt-Bescheids an sie über die Steuerschuld informiert werden. Diese Regelung ist jedoch, soweit sie für Testamentsvollstrecker § 122 Abs. 1 S. 1 AO verdrängt, unzweckmäßig und rechtlich bedenklich. Da der Testamentsvollstrecker nicht Vertreter der Erben ist (anders als der Nachlasspfleger), ist er nicht befugt, Rechtsbehelfe gegen den ErbSt-Bescheid einzulegen. Der Erbe erfährt aber u. U. nichts von dem ErbSt-Bescheid. Angesichts des klaren Wortlauts des § 32 Abs. 1 S. 1 ErbStG, der § 122 Abs. 1 AO verdrängt, lässt sich aber nicht die Auslegung vertreten, durch Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker werde die Rechtsbehelfsfrist für den Erben nicht in Lauf gesetzt. Das Gesetz ordnet eine Art gesetzliche Empfangsbevollmächtigung des Testamentsvollstreckers an; auch sonst ist der Empfangsbevollmächtigte allein aufgrund seiner Empfangsvollmacht nicht befugt, Rechtsbehelfe einzulegen. Da auch § 122 Abs. 1 AO verdrängt wird, ist auch nicht die Auslegung möglich, dass der ErbSt-Bescheid beiden bekannt gegeben werden müsse. Man wird annehmen müssen, dass der Testamentsvollstrecker aufgrund der gesetzlichen Empfangsvollmacht dem Erben gegenüber verpflichtet ist, ihn rechtzeitig über den ErbSt-Bescheid zu unterrichten. Erforderlichenfalls ist dem Erben Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. In der Praxis dürfte es sich empfehlen, dem Testamentsvollstrecker Vollmacht zur Einlegung der Rechtsbehelfe gegen den ErbSt-Bescheid zu erteilen.
Rz. 137
Einschränkend ist § 32 Abs. 1 ErbStG aber dahin auszulegen, dass der Testamentsvollstrecker nur für diejenigen Personen Zugangsvertreter ist, die als Erben am Nachlass teilhaben. Er ist dagegen nicht Zugangsvertreter für solche Personen, die lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Nachlass erwerben. Für Erben gilt die Empfangsvollmacht allerdings auch insoweit, als der Vermögensanfall auf schuldrechtlichen Ansprüchen beruht, z. B. bei e...