Rz. 211
Abs. 2a, eingeführt durch Gesetz v. 21.8.2002, BStBl I 2002, 820 mit Wirkung ab 28.8.2002, enthält eine Vermutungsregelung über den Zeitpunkt der Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakte i. S. d. § 87a AO. Die Regelung ist an Abs. 2 angelehnt.
Die Vorschrift gilt sowohl für eine Übermittlung mit qualifizierter elektronischer Signatur als auch für Fälle einer "einfachen" elektronischen Übermittlung.
Rz. 212
Per Telefax oder Computerfax übersandte Verwaltungsakte stellen nach gegenwärtiger BFH-Rechtsprechung keine elektronisch übermittelten Verwaltungsakte dar, sodass die Regelung des § 122 Abs. 2a AO insoweit nicht anzuwenden ist. Die für elektronische Verwaltungsakte geltende Regelung des § 87a AO ist nicht anwendbar.
Rz. 213
Zu den elektronischen Verwaltungsakten können jedoch die durch Computer-Fax ergehenden Bescheide gezählt werden, die auf digitale Weise empfangen werden. Eine entsprechende Anwendung auf die im analogen Telefax-Verkehr ergehenden Bescheide scheidet jedoch aus.
Rz. 214
Die Vorschrift gilt für mangels Differenzierung sowohl für die Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakte sowohl im Inland als auch im Ausland. Dafür gibt es auch keinen Grund, weil die Laufzeit eines elektronisch übermittelten Dokuments im Ausland nicht grundsätzlich länger ist als im Inland.
Die Bekanntgabe des elektronischen Verwaltungsakts muss an eine Empfangseinrichtung des Adressaten erfolgen, über die er Verfügungsmacht hat (grundsätzlich hierzu Rz. 14). Bei Übermittlung durch Telefax gilt der im Briefkopf des Bekanntgabeempfängers angegebene Telefaxanschluss als Machtbereich des Empfängers, auch wenn er einem Dritten gehört. Entsprechendes gilt für eine im Briefkopf des Empfängers angegebene E-Mail-Adresse, jedenfalls bei Stpfl., die eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausüben, daher nicht bei Arbeitnehmern.
Rz. 215
§ 122 Abs. 2a AO gibt eine Vermutung der Bekanntgabe nur, wenn der elektronische Verwaltungsakt abgesandt worden ist; er enthält keine Vermutung der Absendung und auch keine Beweiserleichterung für das Datum der Absendung. Beides muss die Behörde beweisen. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei Abs. 2; vgl. daher Rz. 117.
Hat die Behörde die Tatsache der Absendung und deren Datum nachgewiesen, gilt die Vermutungsregelung des Abs. 2a, d. h., der elektronische Verwaltungsakt gilt mit dem dritten Tag nach der Absendung als bekanntgegeben. Zur Berechnung der 3-Tage-Frist gelten die zu Abs. 2 entwickelten Grundsätze. Auch die Frist des § 108 Abs. 3 BGB findet Anwendung.
Rz. 216
Die Vermutung des Zugangs mit Ablauf des dritten Tags gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt überhaupt nicht oder später zugegangen ist; in diesen Fällen muss die Behörde den Zeitpunkt des Zugangs beweisen. Den Stpfl. trifft nicht die Beweispflicht, dass der Verwaltungsakt nicht zugegangen ist oder dass er verspätet zugegangen ist; es genügt, wenn er einen von dem normalen Geschehensablauf abweichenden möglichen Geschehensablauf schlüssig darlegt. Auch insoweit gelten die zu Abs. 2 entwickelten Grundsätze; vgl. daher Rz. 123ff.
Muss die Finanzbehörde danach den Zugang des elektronischen Verwaltungsakts nachweisen, kann sie von § 87a Abs. 1 S. 2 AO Gebrauch machen. Danach ist der elektronische Verwaltungsakt zugegangen, wenn die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Empfängers das Dokument in bearbeitbarer Weise empfangen hat. Es ist dann in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Wann der Empfänger das Dokument aufruft und zur Kenntnis nimmt, ist ohne Bedeutung.
Rz. 217–220 einstweilen frei