5.1 Zeitpunkt
Rz. 19
§ 122a Abs. 4 AO regelt eine Bekanntgabefiktion in Anlehnung an § 122 Abs. 2 S. 1 AO. Gem. § 122a Abs. 4 AO gilt ein gem. § 87a Abs. 1 S. 5 AO zugegangener Verwaltungsakt 3 Tage nach Absendung der Benachrichtigung, dass der Verwaltungsakt zum Abruf bereitgestellt ist, als zugegangen. Die Bekanntgabe muss an die abrufberechtigte Person erfolgen. Die 3-Tages-Frist beginnt gem. Abs. 4 mit Absendung der Benachrichtigung, dass der Verwaltungsakt zum elektronischen Abruf bereitsteht. Ebenso wie bei § 122 AO, bei dem es für die Bekanntgabefiktion auf den Tag, an dem der Verwaltungsakt zur Post gebracht wird, ankommt, kommt es auch bei § 122a AO nur auf den Tag der Absendung an. Unerheblich ist insoweit, ob die Benachrichtigung tatsächlich zugeht.
Trotz der Anlehnung an § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO statuiert die Vorschrift keine Fiktion, sondern die bloße - widerlegbare - Vermutung. Dafür spricht, dass zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt nach entsprechender Benachrichtigung sofort herunterlädt, hat sich noch nicht ausgebildet.
Für die Beendigung der Frist kommt die Regelung des § 108 Abs. 3 AO zur Anwendung.
Nach dem Wortlaut des Abs. 4 greift die Bekanntgabefiktion nur bei zum Abruf bereit gestellten Verwaltungsakten. Erfolgt zunächst die Benachrichtigung und erst danach die Bereitstellung – z. B. in der 3-Tages-Vermutung – besteht zum Zeitpunkt der Benachrichtigung kein "bereit gestellter" Verwaltungsakt. Damit kann die Zugangsfiktion nicht greifen; auch die 3-Tages-Frist beginnt nicht zu laufen. In einem solchen Fall (Benachrichtigung vor Bereitstellung) ist muss noch einmal zu benachrichtigen.
5.2 Bekanntgabefrist
Rz. 20
Die Zugangsfrist ist unabhängig von dem Ort der Ansässigkeit des Beteiligten, dem gegenüber der Verwaltungsakt bekannt gegeben wird. Damit gilt auch für im Ausland ansässige Beteiligte eine Frist von drei Tagen. Eine verlängerte Zugangsfrist wie bei § 122 AO ist nicht vorgesehen; dies ist auch nicht notwendig. Die längere Frist des § 122 AO für im Ausland ansässige Beteiligte soll dem längeren Postweg ins Ausland Rechnung tragen. Dieser Postweg entfällt bei einer Bekanntgabe durch elektronische Bereitstellung. Daher ist es konsequent bei der Bekanntgabefrist nicht nach dem Aufenthaltsort oder dem Ansässigkeitsort des Beteiligten zu unterscheiden.
Rz. 21
Die Benachrichtigung ist eine Wissenserklärung der Finanzverwaltung. Es handelt sich dabei nicht um einen Verwaltungsakt, da insofern kein Recht gesetzt wird. Auch ist die Benachrichtigung keine Willenserklärung, da keine Rechtsfolgen an die Benachrichtigung geknüpft sind.
Die Benachrichtigung hat elektronisch zu erfolgen. Eine elektronische Benachrichtigung erfolgt im Regelfall über Email. Keine Benachrichtigung i. d. S. ist damit eine schriftliche oder mündliche Information. Derartige Benachrichtigungen setzen die 3-Tages-Frist nicht in Lauf.
5.3 Benachrichtigung
Rz. 22
Bestehen Zweifel an dem Zugang der Benachrichtigung, hat die Finanzbehörde den Nachweis zu erbringen, dass der Zugang tatsächlich erfolgt ist. Anders als beim gem. § 122 AO bekanntzugebenden Verwaltungsakt muss bei der Benachrichtigung ein tatsächlicher Zugang erfolgen. Es greift keine Zugangsfiktion. Da der Zugang tatsächlich zu erfolgen hat, muss die Behörde auch den tatsächlichen Zugang nachweisen, und nicht nur die Voraussetzungen, die eine Fiktion in Gang setzen. Erfolgt der Nachweis des Zugangs der Benachrichtigung, wird die 3-Tages-Fiktion der Bekanntgabe in Gang gesetzt. Eine Bekanntgabe kann dann vom Stpfl. nur unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 122 AO bestritten werden. Es gelten hinsichtlich der 3-Tages-Fiktion die gleichen Grundsätze. Die tatsächliche Kenntnisnahme wird bei Abruf des Verwaltungsakts fingiert. Unerheblich ist, ob die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt tatsächlich liest.
Der Stpfl. kann gem. Satz 3 geltend machen, dass der Verwaltungsakt niemals zum Abruf bereitgestellt worden ist. In diesem Fall liegt die Beweislast bei der Behörde; diese muss nachweisen, dass die Bereitstellung tatsächlich rechtzeitig erfolgt ist. Wird gem. Satz 4 eine verspätete Bereitstellung geltend gemacht, so muss der Stpfl. glaubhafte Gründe für eine Verspätung darlegen. Können diese Gründe nicht von der Finanzverwaltung widerlegt werden, erfolgt eine Bekanntgabe nur mit tatsächlicher Kenntnisnahme des Verwaltungsakts. In diesem Fall ist die Bekanntgabe vorzugsweise im schriftlichen Verfahren zu wiederholen.
Rz. 23
Kann die Finanzverwaltung den Nachweis, dass die Benachrichtigung zugegangen ist, nicht führen, wird die 3-Tages-Fiktion nicht in Gang gesetzt. Eine Bekanntgabe erfolgt dann erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme. Dies ist der Zeitpunkt, in dem der Datenabruf erfolgt. Ob die abrufende Person den Ve...