5.1 Allgemeines
Rz. 19
Neu eingefügt durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz v. 23.6.2017 wurde § 147a Abs. 2 AO. Die Regelung steht im Zusammenhang mit der nach der Veröffentlichung der sog. Panama-Papers als besonders wichtig empfundenen Bekämpfung von sog. Basis- oder Domizilgesellschaften zur Steuerhinterziehung. Die jetzt geschaffene Regelung geht allerdings erheblich weiter und betrifft durchaus nicht nur diese Gesellschaften, sondern alle sog. Drittstaat-Gesellschaften.
Rz. 20
Durch § 147a Abs. 2 AO wird eine neue Aufbewahrungspflicht für Stpfl. geschaffen, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen unmittelbar oder mittelbar einen bestimmenden oder beherrschenden Einfluss auf eine Drittstaat-Gesellschaft i. S. v. § 138 Abs. 3 AO ausüben können. Die Aufbewahrungsfrist beträgt hierbei sechs Jahre. Trotz der Tatsache, dass es nicht ganz unbedenklich ist, dass mit der Schaffung dieser Aufbewahrungsfrist sich jeder, der über eine solchen Einfluss auf eine Drittstaat-Gesellschaft verfügt, dem Verdacht der Steuerhinterziehung ausgesetzt sehen wird, obwohl es durchaus auch außersteuerliche Gründe für ein solches Konstrukt geben mag, wird man die Regelung als verfassungsgemäß anzusehen haben. Wenn denn schon eine Aufbewahrungspflicht bei reinen Inlandsfällen nur aufgrund der Höhe des Einkommens nach § 147a Abs. 1 AO als rechtmäßig anzusehen ist, wird man dies erst recht für Auslandssachverhalte unter Einschaltung einer Drittstaat-Gesellschaft nach § 138 Abs. 3 AO annehmen können. Allerdings ist der Wortlaut der Bestimmung als recht unbestimmt anzusehen, sodass gewisse Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 147a Abs. 2 AO nicht von der Hand zu weisen sind.
5.2 Voraussetzungen der Aufbewahrungspflicht nach § 147a Abs. 2
Rz. 21
Zentral für die neue Aufbewahrungspflicht ist zunächst, dass eine sog. Drittstaat-Gesellschaft i. S . von § 138 Abs. 3 AO gegeben ist. Eine solche liegt nach § 138 Abs. 3 AO immer dann vor, wenn eine Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien gegeben ist, die nicht Mitglieder der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sind. Die Regelung betrifft also nicht nur klassische Domizilgesellschaften in Steueroasen, sondern alle Gesellschaften und Personenvereinigungen außerhalb der EU und der EFTA. EFTA-Staaten sind Liechtenstein, die Schweiz, Norwegen und Island. Zu beachten ist, dass verschiedene wichtige Steueroasen zwar in der einen oder anderen Weise zum Vereinigten Königreich gehörten, aber bereits in der Vergangenheit das EU-Recht dort keine Anwendung fan (z. B. British Virgin Island, Isle of Man, Jersey usw.). Nach dem Abschluss des sog. BREXIT ist Großbritannien zweifellos ein Drittstaat, da Übergangsregelungen abgelaufen sind.
Rz. 22
Weiterhin muss ein Stpfl., man wird ergänzen müssen, ein unbeschränkt Stpfl., allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 des AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten der Drittstaat-Gesellschaft ausüben können. Stpfl. kann hierbei eine natürliche Person aber auch eine juristische Person sein. Eine Personenvereinigung kann dies sein, wenn sie selber steuerpflichtig ist.
Rz. 23
Der Verweis auf das AStG stellt klar, welches nahestehende Personen i. S. d. Bestimmung sind. Dies ist der Fall, wenn eine Person an dem Stpfl. zu mindestens einem Viertel beteiligt ist oder sonst einen beherrschenden Einfluss auf diesen hat oder der umgekehrte Fall vorliegt, eine dritte Person sowohl an der Person i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG und dem Stpfl. wesentlich beteiligt ist oder ansonsten einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder ansonsten die Möglichkeit der Einflussnahme besteht.
Rz. 24
Schließlich muss die Möglichkeit bestehen, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft im Drittstaat ausüben zu können. Es ist nicht erforderlich, dass er diesen Einfluss auch ausübt, sondern nur, dass er dieses kann. Die Regelung geht dermaßen weit, dass man davon wird sprechen können, dass dies regelmäßig der Fall ist, wenn keine Minderheitsbeteiligung vorliegt, die keinerlei Einfluss vermittelt. Aber auch in einem solchen Fall kann sich die Möglichkeit der Einflussnahme aus anderen vertraglichen Bestimmungen ergeben. Hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeit ...