Rz. 86
Als wichtiges Ermessenskriterium vornehmlich für die Bemessung der Höhe des VZ sind die vom Erklärungspflichtigen aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile zu berücksichtigen. Dies gilt, obgleich der Gesetzeswortlaut insoweit unvollkommen ist, auch bei der Nichtabgabe der Steuererklärung. Vorteile i. d. S. sind auch nicht vermögenswerte Vorteile, in jedem Fall aber die durch die spätere Fälligstellung der Schuld entstandenen wirtschaftlichen Vorteile.
Maßgeblich ist allein der Vorteil aus dieser verspäteten Abgabe. Nicht berücksichtigt werden darf, welche Vorteile durch die verspätete Abgabe anderer Steuererklärungen erwachsen sind. Steuerliche Nachteile bei anderen Steuerarten sind zur Minderung des Vorteils zu beachten. Die festgesetzten oder festzusetzenden Nachzahlungszinsen nach § 233a kompensieren insoweit den wirtschaftlichen Vorteil.
Rz. 87
Durch die VZ-Festsetzung soll der tatsächliche Zinsgewinn ausgeglichen werden. Die Finanzbehörde muss hierauf aber nicht abstellen und braucht diesen auch nicht zu ermitteln, denn das Fehlen eines Zinsgewinns hindert die VZ-Festsetzung nicht. Das Fehlen eines tatsächlichen Zinsgewinns ist notwendig im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Die Finanzbehörde kann insoweit von einem fiktiven Zinsgewinn ausgehen. Da der gezogene wirtschaftliche Vorteil aber neben anderen nur ein Ermessenskriterium ist, ist es grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft, wenn der VZ den Zinsvorteil erheblich übersteigt, sofern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dies zulässt.
Rz. 88
Für die Berechnung des wirtschaftlichen Vorteils ist nicht zu berücksichtigen, dass Säumniszuschläge erspart worden sind, es ist vielmehr der jeweilige Kapitalmarktzins zu berücksichtigen. BFH v. 30.4.1987, IV R 42/85, BStBl II 1987, 543 hält als Maßstab den Guthabenzins der 30-tägigen Festgeldanlage für angemessen. Die Finanzbehörde kann sich aber auch an dem Durchschnitt zwischen Haben- und Schuldzinsen orientieren. Hierbei ist von dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die überwiegende Mehrheit der Veranlagungen dieser Steuerart durchgeführt worden ist. Die Finanzbehörde kann den Vorteil schätzen. Sie ist allerdings nicht gehindert, den Zinsvorteil nach den Verhältnissen des Einzelfalls konkret zu ermitteln.
Rz. 89
Die Darlegung der Ermessensgründe durch die Finanzbehörde muss erkennen lassen, dass der aus der verspäteten Festsetzung gezogene wirtschaftliche Vorteil betragsmäßig eingeschätzt wurde, wenn der festgesetzte VZ zulässigerweise den fiktiven Zinsgewinn übersteigt. Die VZ-Festsetzung ist dann ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde die Höhe des Zinsvorteils falsch ermittelt.