Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 18
Hinsichtlich der Rechtsfolgen gilt § 159 AO für alle Steuerarten, für die eine Zurechnung von Wirtschaftsgütern bzw. Vermögensgegenständen steuerlich von Bedeutung ist, insbesondere also für ESt, KSt und GewSt.
Dem Wortlaut nach bezieht sich die Vorschrift zwar nur auf die Zurechnung von Vermögensgegenständen, nicht auf die Zuordnung von Einkünften. Soweit es aber ertragsteuerlich auf das Eigentum oder das Innehaben von Vermögensgegenständen ankommt (z. B. beim Vermögensvergleich), führt § 159 AO zur Erfassung eines entsprechenden Vermögenszuwachses und damit eines Einkommens. Entsprechendes gilt für die ertragsteuerliche Erfassung der Früchte dieser Vermögensgegenstände (Einnahmen aus diesen Vermögensgegenständen).
Rz. 19
Rechtsfolge ist, dass der Stpfl. auf Verlangen der Finanzbehörde nachweisen muss, wem die Sachen und Rechte steuerlich zuzurechnen sind. Die in § 159 AO genannten Personen haben auf Verlangen der Finanzbehörde den tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer nachzuweisen. Ob die Finanzverwaltung ein Benennungsverlangen stellt, liegt in ihrem Ermessen. Abweichend von § 160 AO genügt nicht die Benennung; es muss vielmehr nachgewiesen werden, wem die Wirtschaftsgüter nach § 39 AO steuerlich zuzurechnen sind. Der Nachweis eines (Unter-)Treuhänders genügt nicht; es muss vielmehr diejenige Person nachgewiesen werden, der die Gegenstände letztlich steuerlich zuzurechnen sind. Ebenso genügt es nicht, eine Basisgesellschaft anzugeben; dies ist keine Angabe des tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümers. Ebenfalls genügt der Nachweis, der Treuhänder sei nicht der Berechtigte, nicht; es muss der tatsächlich Berechtigte nachgewiesen werden.
Rz. 20
Der Treuhänder als der zivilrechtlich Berechtigte trägt also die volle subjektive Beweislast für das Vorliegen des Treuhandverhältnisses bzw. eines anderen in § 159 AO genannten Verhältnisses. Er muss beweisen, dass er trotz der wirksamen zivilrechtlichen Stellung nicht diejenige Person ist, der das Eigentum zuzurechnen ist. Unerweislichkeit geht daher zulasten des Treuhänders.
Rz. 21
Unter Nachweis ist die Darlegung einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu verstehen. Dazu sind sowohl vertragliche Vereinbarungen als auch das tatsächliche Verhalten der Beteiligten heranzuziehen. Der Stpfl. muss den Berechtigten (Treugeber, Vertretenen, Kommittenten, Eigentümer oder Inhaber des Pfandguts) so genau benennen und dies nachweisen, dass der Finanzbehörde die steuerliche Zurechnung möglich ist. Es genügt nicht, dass der Stpfl. nachweist oder glaubhaft macht, dass die Gegenstände steuerlich einem anderen, nicht ihm, zuzurechnen sind, ohne diesen zu benennen und nachzuweisen, da dann der Finanzbehörde nicht die richtige steuerliche Zurechnung ermöglicht wird. So wird der Stpfl. etwa nicht mit dem Einwand gehört, er könne das unter § 159 AO fallende Vermögen nach seinen Eigentumsverhältnissen gar nicht angesammelt haben.
Rz. 22
Geht es um die Zurechnung an mehrere Personen, sind nicht nur die Berechtigten insgesamt zu benennen, sondern es ist auch anzugeben, welches Recht in welchem Umfang welcher Person gehört.
Rz. 23
Bleiben Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit oder der Ernsthaftigkeit der Treuhandabrede oder des sonstigen Verhältnisses (z. B. aufgrund des tatsächlichen Verhaltens der Beteiligten), ist der erforderliche Nachweis nicht erbracht.
Rz. 24
Kommt der Stpfl. seiner Verpflichtung nicht nach, die Person des Berechtigten nachzuweisen, werden die Wirtschaftsgüter dem Treuhänder, Vertreter, Pfandgläubiger oder Besitzer regelmäßig steuerlich zugerechnet. Die Wirkung des § 159 AO beschränkt sich aber auf diese Zurechnung; es wird nicht vermutet, dass diese Werte auch steuerpflichtig sind oder einer bestimmten Einkunftsart (Gewerbebetrieb) zugehören. Diese Fragen sind nach allgemeinen Regeln (Amtsermittlungspflicht) ohne Zuhilfenahme einer Vermutung oder Beweislastregelung zu entscheiden.
Rz. 25
Die Zurechnung nach § 159 AO wirkt bei Vorliegen ihrer Tatbestandsvoraussetzungen als unwiderlegbare Vermutung bzw. Fiktion, gegen die ein Gegenbeweis nicht zulässig ist.