Rz. 69
Gegen die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ist nach § 347 AO der Einspruch statthaft. Das Begehren des Rechtsbehelfs kann sich richten gegen den Vorbehalt selbst, also das Ziel einer endgültigen Steuerfestsetzung verfolgen, oder gegen den Inhalt des Bescheids. Ein Vorbehaltsbescheid ist damit auch dann anfechtbar, wenn sich der Stpfl. nur durch den Vorbehalt beschwert fühlt. Der Stpfl. muss aber stets die Steuerfestsetzung insgesamt angreifen. Allein die isolierte Anfechtung des Vorbehalts der Nachprüfung ist unzulässig. Auch bei einer Null-Festsetzung stellt der Vorbehalt eine vom Steuerbescheid trennbare eigenständige Belastung des Steuerpflichtigen wegen der Unsicherheit aufgrund der umfassenden Änderungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung dar.
Da die Finanzbehörde hinsichtlich der Beifügung des Vorbehalts einen denkbar weiten Ermessensspielraum hat (vgl. Rz. 25), ist ein Erfolg eines Rechtsbehelfs, der sich gegen den Vorbehalt richtet, nur in Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn der Fall abschließend geprüft ist und keinerlei Unklarheit mehr bestehen kann. Die bloße Mitteilung der Finanzbehörde, sie könne nicht ausschließen, dass der Fall noch einmal aufgegriffen werden müsse, wird i. d. R. einen solchen Erfolg ausschließen (vgl. ausführlich Rz. 25).
Rz. 70
Richtet sich das Einspruchsbegehren allein gegen den Vorbehalt selbst, kann die Finanzbehörde durch Abhilfebescheid den Vorbehalt isoliert aufheben. Diese Möglichkeit der Aufhebung des Vorbehalts räumt § 164 Abs. 3 S. 1 AO der Finanzbehörde ausdrücklich jederzeit ein. Dagegen kann das FG im Klageverfahren im Erfolgsfall den Vorbehalt nicht isoliert aufheben, weil der Vorbehalt als unselbstständige Nebenbestimmung Bestandteil des Verwaltungsakts ist (vgl. Rz. 6) und in seiner isolierten Aufhebung eine inhaltliche Änderung des Bescheids läge, für die das Gericht nicht zuständig ist.
Rz. 71
Richtet sich das Klagebegehren auf die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts, ist die Anfechtungsklage. die statthafte Klageart, mit der das FG den Steuerbescheid insgesamt aufheben kann. Die isolierte Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts darf das FG – im Gegensatz zur Finanzbehörde (vgl. Rz. 70) – nicht aussprechen.
Denn nach § 100 Abs. 1 FGO dürfen die FG im Rahmen einer Anfechtungsklage den rechtswidrigen Verwaltungakt nur ganz oder teilweise aufheben, nicht aber inhaltlich verändern. Nur bei Verwaltungsakten, die einen Geldbetrag festsetzen, erlaubt § 100 Abs. 2 S. 1 FGO die Festsetzung eines anderen Betrags durch das Gericht. Mit der isolierten Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts würde das FG hingegen nicht einen abweichenden Geldbetrag, sondern eine nicht zulässige sonstige inhaltliche Änderung des Bescheids aussprechen. Dagegen kann das FG die Finanzbehörde nicht verpflichten, einen endgültigen Bescheid zu erteilen, mit der Folge, dass eine Verpflichtungsklage statthaft wäre.
Es gebietet der Grundsatz der Trennung von ausführender und rechtsprechender Gewalt, dass es der Finanzbehörde überlassen bleibt, nach einer Aufhebung des Bescheids darüber zu befinden, ob der inhaltlich gleiche Bescheid ohne Nachprüfungsvorbehalt erneut ergeht oder zunächst weitere Ermittlungen angestellt werden, die zu einer abweichenden vorbehaltlosen Steuerfestsetzung führen. Dem würde eine Verpflichtung der Finanzbehörde zur vorbehaltlosen Steuerfestsetzung durch das FG widersprechen.
Rz. 72
Will der Stpfl. eine inhaltliche Änderung des Steuerbescheids erreichen, stehen ihm zwei Wege offen. Der Stpfl. kann gegen den Vorbehaltsbescheid Einspruch einlegen und nach erfolglosem Vorverfahren Klage erheben. Er kann aber auch entweder innerhalb der Einspruchsfrist oder auch nach formeller Bestandskraft des Vorbehaltsbescheids einen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO stellen; vgl. Rz. 91. Beide Möglichkeiten stehen selbstständig nebeneinander, keines der beiden Verfahren ist gegenüber dem anderen subsidiär. Der Antrag auf Änderung nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO ermöglicht ein weniger formalisiertes Verfahren, ist mit Ausnahme der Festsetzungsfrist nicht fristgebunden und ermöglicht bei Verzögerung der Antragsbescheidung den Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 S. 2 AO, nicht aber die Aussetzung der Vollziehung. Außerdem kann es zu einer Überprüfung im Rechtsbehelfsverfahren erst nach einer Ablehnung des Verfahrens kommen. Das Verfahren ist also um eine Stufe "verlängert". Der Einspruch ist demgegenüber fristgebunden, ermöglicht aber die Aussetzung der Vollziehung, eröffnet unmittelbar das Rechtsbehelfsverfahren und bei einer Verzögerung der Einspruchsentscheidung die Untätigkeitsklage nach § 46 FGO (hierzu auch Rz. 92).
Zur Vermeidung der Drittwirkung der Steuerfestsetzung nach § 166 AO macht es keinen Unterschied, ob der Dritte Einspruch gegen die Steuerfestsetzung einlegt oder einen Antrag auf Änderung nach § 164 Abs. 2 AO stellt.
Rz. 73
Wendet sich der Rechtsbehelf gegen den Inhalt des Be...