Rz. 132
Bei der Frage, ob der Vorbehalt der Nachprüfung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Stpfl. entfällt oder aufrecht erhalten bleibt, sind die insolvenzrechtlichen Regelungen zu berücksichtigen. Diese Frage tritt auf, wenn vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Steuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Widerspricht der Insolvenzschuldner der Anmeldung der Steuerschuld zur Tabelle, hat die Anmeldung und Feststellung zur Tabelle gegen ihn keine Wirkung. Das bedeutet, dass er nach Beendigung des Insolvenzverfahrens die Verfahren gegen den Steuerbescheid in dem Stand wieder aufnehmen kann, in dem sich das Verfahren bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befand. Daher ist der Vorbehalt der Nachprüfung weiterhin wirksam. Der Stpfl. kann also die Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO beantragen, und zwar unabhängig von der Höhe der zur Tabelle festgestellten Steuerforderung. Die Festsetzungsfrist ist nach § 171 Abs. 13 AO gehemmt. Diese Vorschrift ist bei der Frage, ob der Vorbehalt wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist entfallen ist, zu berücksichtigen, da § 171 Abs. 13 AO in § 164 Abs. 4 S. 2 AO nicht aufgeführt ist. Der Vorbehalt entfällt also auch bei langdauernden Insolvenzverfahren nicht.
Rz. 133
Wird die Steuerforderung zur Tabelle festgestellt und hat der Insolvenzschuldner keinen Widerspruch erhoben, gilt der Tabelleneintrag nach § 178 Abs. 3 InsO im Verhältnis zwischen Finanzbehörde und Stpfl. wie ein rechtskräftiges Urteil. Das würde dafür sprechen, dass der Fall endgültig entschieden ist und von dem Vorbehalt der Nachprüfung nach Beendigung des Insolvenzverfahrens kein Gebrauch mehr gemacht werden kann. Allerdings hat der BFH die Wirkungen des Tabelleneintrags relativiert, indem er entschieden hat, hinsichtlich einer Steuerforderung könne die Feststellung der Forderung zur Tabelle keine andere Wirkung haben als ein Bescheid nach § 251 Abs. 3 AO. Ein solcher Bescheid kann aber nach § 130 AO geändert werden. Danach wäre eine Änderung der Steuerfestsetzung trotz bestandskräftiger Feststellung zur Tabelle möglich, allerdings nicht nach § 164 Abs. 2 AO, sondern nach § 130 AO, weil § 164 AO auf einen Verwaltungsakt nach § 251 Abs. 3 AO nicht anwendbar ist und daher § 130 AO Vorrang hat.
Rz. 134
Anders soll es jedoch sein, wenn ein Insolvenzplan i. S. d. §§ 217, 254 InsO rechtskräftig bestätigt worden ist. Der Insolvenzplan stelle die Forderungen gegen den Insolvenzgläubiger gerade auch für die Zeit nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens rechtsgestaltend auf eine neue rechtliche Grundlage, sodass auf die Rechtsgrundlagen, wie sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, nicht mehr zurückgegriffen werden könne. Für die Beziehung zwischen Steuergläubiger und Stpfl. gelten nur noch die Feststellungen des Insolvenzplanes. Das habe zur Folge, dass auf den Vorbehalt der Nachprüfung in dem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangenen Bescheid nach der Rechtskraft des Insolvenzplanes nicht mehr zurückgegriffen werden könne.