Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 28
Im Fall der Einzelbekanntgabe stellt sich die Frage, welche Teile des Feststellungsbescheids jedem Einzelnen bekannt gegeben werden dürfen. Bekanntgabe von Teilen, die einen anderen Beteiligten betreffen und die für die Besteuerung des Feststellungsbeteiligten keine Bedeutung haben, würde gegen das Steuergeheimnis und den Datenschutz verstoßen. Diese Frage kann sich insbesondere bei einer Gesellschaft oder Gemeinschaft mit einer Vielzahl von Beteiligten (insbesondere bei Verlustzuweisungsgesellschaften und Immobilienfonds) stellen.
Maßgebend für diese Regelung ist der Datenschutz. Wenn Einzelbekanntgabe erfolgt, gibt es keinen rechtfertigenden Grund dafür, einem Beteiligten Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen, die für seine Besteuerung nicht von Bedeutung sind.
Rz. 29
Nach § 183 Abs. 3 AO ist dem einzelnen Beteiligten nicht der ganze Inhalt des Feststellungsbescheids bekanntzugeben, sondern nur diejenigen Teile, die für seine rechtliche Position von Bedeutung sind ("verkürzter Feststellungsbescheid"). Es sind dies der Gegenstand der Feststellung (d. h. die Gesellschaft/Gemeinschaft), die alle Beteiligten betreffenden Besteuerungsgrundlagen, sein Anteil hieran, die Zahl der Beteiligten und die ihn persönlich betreffenden Besteuerungsgrundlagen. Nicht mitgeteilt werden dürfen ihm vor allem Name und Anschrift der übrigen Beteiligten, deren Anteil an den alle Beteiligten betreffenden Besteuerungsgrundlagen und die nur diese anderen Beteiligten persönlich betreffenden Besteuerungsgrundlagen, also insbesondere die Ergebnisse deren Ergänzungs- und Sonderbilanzen.
Von einem Betriebsprüfungsbericht dürfen dem Feststellungsbeteiligten demgemäß diejenigen Teile nicht mitgeteilt werden, die sich zeitlich oder sachlich auf Tatbestände beziehen, die diesen Beteiligten nicht betreffen.
Rz. 30
Bei berechtigtem Interesse eines Beteiligten ist ihm der ganze Inhalt des Feststellungsbescheids mitzuteilen. Das berechtigte Interesse muss das Interesse der anderen Beteiligten am Datenschutz überwiegen. Ein berechtigtes Interesse liegt nur vor, wenn der Beteiligte ohne Kenntnis des ganzen Bescheids seine Rechte im Besteuerungsverfahren nicht angemessen wahrnehmen kann, insbesondere in einem Rechtsbehelfsverfahren. Kein berechtigtes Interesse hat der Feststellungsbeteiligte, wenn er insoweit gegen den Feststellungsbescheid nach § 352 AO keinen Einspruch einlegen oder nach § 48 FGO keine Klage erheben kann und auch in dem Einspruchs- oder Gerichtsverfahren nicht notwendig beizuladen wäre. Ein außersteuerliches Interesse genügt angesichts des Steuergeheimnisses, § 30 AO, und der Bedeutung des Datenschutzes nicht.
Rz. 31
Ist der Feststellungsbescheid (auch) einzelnen Feststellungsbeteiligten bekanntzugeben, richtet sich die Wirksamkeit des Bescheids diesen Feststellungsbeteiligten gegenüber danach, ob er diesen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben wurde. Wurde er nur einzelnen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben, ist er auch nur diesen gegenüber wirksam; vgl. jedoch die abweichende Rechtsprechung des BFH, wonach der einheitliche Feststellungsbescheid schon dann wirksam ist, wenn er nur einem einzigen Feststellungsbeteiligten gegenüber bekannt gegeben wurde.
Rz. 32
Hat Einzelbekanntgabe zu erfolgen, ist der Feststellungsbescheid auch insoweit zu begründen, als die Finanzbehörde nicht von der Feststellungserklärung abgewichen ist. Es kann dann nicht davon ausgegangen werden, dass der Feststellungsbeteiligte den Inhalt der Feststellungserklärung kennt. Insbesondere zu erläutern sind die Wertermittlung und die Grundlagen der Aufteilung auf die Feststellungsbeteiligten.