Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 27
Haben die Feststellungsbeteiligten ihre Obliegenheit nach § 183a Abs. 1 S. 1 AO nicht erfüllt und keinen Empfangsbevollmächtigten mit einer Vollmacht in dem in § 183a Abs. 1 S. 1 AO geforderten Umfang bestellt, kann die Finanzbehörde die Feststellungsbeteiligten auffordern, binnen einer bestimmten angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten zu bestellen. Nach § 183a Abs. 1 S. 3 AO ist in dieser Aufforderung ein Feststellungsbeteiligter als Empfangsbevollmächtigter vorzuschlagen. Die Aufforderung ist an alle Feststellungsbeteiligten zu richten und ihnen bekannt zu geben. Vorschlagen eines Nichtbeteiligten ist nicht zulässig und bringt nicht die Rechtswirkungen des § 183a Abs. 1 S. 3 AO hervor. Die Bekanntgabe an eine solche Person wirkt also nicht als Bekanntgabe an die Feststellungsbeteiligten. Weiter ist in dieser Aufforderung darauf hinzuweisen, dass an den Benannten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeiligten Bekanntgaben vorgenommen werden, wenn sich die Feststellungsbeteiligten nicht doch noch während der gesetzten Frist auf einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten einigen.
Diese Aufforderung muss an alle Feststellungsbeteiligten ergehen, also auch allen bekannt gegeben werden.
Rz. 28
Bestellen die Feststellungsbeteiligten auf diese Aufforderung hin einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten, ist dieser rechtsgeschäftlich bestellter Empfangsbevollmächtigter nach Abs. 1 S. 1, sodass die diesbezüglichen Regeln Anwendung finden. Dieser Empfangsbevollmächtigte braucht kein Feststellungsbeteiligter zu sein.
Bestellen sie keinen Empfangsbevollmächtigten, gilt der von der Finanzbehörde vorgeschlagene Feststellungsbeteiligte als Empfangsbevollmächtigter (fingierte Empfangsvollmacht). Um diese Rechtsfolge auszuschließen, genügt es nicht, dass die Feststellungsbeteiligten jeder für sich einen Bevollmächtigten benennen. Die Formulierung "ein Empfangsbevollmächtigter" bezieht sich sprachlich wie sachlich eindeutig auf den Ausdruck "gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter" in S. 1. Die gegenteilige Ansicht hätte zur Folge, dass jeder Feststellungsbeteiligte einen eigenen Bevollmächtigten bestellen würde, obwohl er selbst leicht zu erreichen wäre. Damit würden an die Stelle mehrerer Feststellungsbeteiligter nur mehrere Bevollmächtigte treten. Zweck der Vorschrift ist aber, eine Verfahrensvereinfachung dadurch zu erreichen, dass der Finanzverwaltung nur eine Person, der Empfangsbevollmächtigte, gegenübertritt, nicht aber, eine Vertretung der Feststellungsbeteiligten zu erzwingen. Dieser Gesetzeszweck wird nur erreicht, wenn ein gemeinsamer Bevollmächtigter bestellt wird.
Rz. 29
In der Aufforderung muss den Feststellungsbeteiligten eine bestimmte Frist gesetzt werden, binnen deren sie einen Empfangsbevollmächtigten rechtsgeschäftlich bestellen können. Bestimmt ist diese Frist, wenn sich ihr Ablauf kalendermäßig errechnen lässt. Es müssen also Anfang und Ende der Frist und ihre Dauer feststellbar angegeben werden oder ein festes Datum, das das Fristende bezeichnet. Wird diese Frist nicht gesetzt oder ist sie nicht bestimmt genug, ist die Aufforderung nicht wirksam, d. h., es kann nicht nach Abs. 1 S. 3 wirksam bekannt gegeben werden.
Die Frist, die den Feststellungsbeteiligten gesetzt wird, muss angemessen sein. Das ist der Fall, wenn sie so bemessen ist, dass sie Gelegenheit haben, sich auf einen rechtsgeschäftlich zu bestellenden Empfangsbevollmächtigten zu einigen. Die notwendige Länge der Frist hängt also von den Umständen der Personenvereinigung ab, insbesondere die Zahl der Feststellungsbeteiligten. Bei vielen Feststellungsbeteiligten muss die Frist länger sein als bei wenigen.
Rz. 30
Nach ergebnislosem Ablauf der wirksam gesetzten Frist kann die Finanzbehörde zwar Bekanntgaben an den von ihr benannten Feststellungsbeteiligten vornehmen, die Feststellungsbeteiligten haben aber noch jederzeit die Möglichkeit, sich doch noch auf einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten zu einigen. Dann hat die Finanzbehörde an diesen bekannt zu geben. Durch das Verfahren nach Abs. 1 S. 3 wird somit die rechtsgeschäftliche Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten nicht ausgeschlossen.
Die Wirkung, dass der von der Finanzbehörde Vorgeschlagene als Empfangsbevollmächtigter gilt, tritt nur für die positiv Beteiligten ein. Die Wirkung tritt daher nicht für denjenigen ein, der nicht Feststellungsbeteiligter ist, auch wenn er, die anderen Feststellungsbeteiligten oder die Finanzbehörde ihn als Feststellungsbeteiligten ansehen. Daher kann von dieser Möglichkeit für negative Feststellungsbescheide kein Gebrauch gemacht werden.
Die Empfangsvollmacht nach § 183a Abs. 1 S. 2, 3 AO reicht kraft Gesetzes über eine bloße Berechtigung zur Empfangsnahme von Verwaltungsakten und Mitteilungen hinaus. Nach § 352 Abs. 2 S. 2 AO ist der Empfangsbevollmächtigte auch einspruchsbefugt. Entsprechendes gilt für die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 2 S. 2 FGO.
Rz. 31
Erfolgt die Bekanntgabe an einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten na...