Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 38
Eine Bekanntgabe an die Feststellungsbeteiligten selbst, nicht an den gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten, hat zu erfolgen, wenn die Personenvereinigung nicht mehr besteht. In diesem Fall kann auch an den rechtsgeschäftlich bestellten Empfangsbevollmächtigten nicht mehr bekannt gegeben werden, da die Ausnahme des § 183a Abs. 2 S. 2 AO für diesen Fall nicht gilt. Durch die Worte "nicht mehr" ist ausgedrückt, dass die Personenvereinigung bestanden haben muss. Die Bekanntgabe nach § 183a Abs. 1 AO ist nur dann nicht mehr möglich, wenn der Finanzbehörde bekannt ist, dass die Personenvereinigung nicht mehr besteht. Die Feststellungsbeteiligten haben es in der Hand, die Finanzbehörde über die Vollbeendigung der Personenvereinigung zu informieren. Tun sie dies nicht, ist die Bekanntgabe nach § 183a Abs. 1 AO zulässig, bis die Finanzbehörde von der Vollbeendigung positiv Kenntnis erhält. Im Zweifel muss die Finanzbehörde darlegen, zu welchem Zeitpunkt sie Kenntnis erlangt hat. Dies kann nur die Finanzbehörde tun; die Feststellungsbeteiligten können hierüber i. d. R. keine Kenntnis haben.
Ist die Personenvereinigung beendet, hat die Bekanntgabe an alle zu erfolgen.
Hat die Personenvereinigung von Anfang an nicht bestanden, ist § 183a AO überhaupt nicht anwendbar . Die Bekanntgabe hat in einem solchen Fall, unabhängig von der Kenntnis der Finanzbehörde und der Ansicht der Feststellungsbeteiligten, durch Einzelbekanntgabe zu erfolgen.
Die Personenvereinigung "besteht nicht mehr" ab dem Zeitpunkt der Vollbeendigung. Das ist nicht schon am Beginn oder im Laufe des Liquidationsverfahrens der Fall. Während des Liquidationsverfahrens kann daher Bekanntgabe an den gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten nach Abs. 1 erfolgen, und zwar sowohl an den rechtsgeschäftlich bestellten Empfangsbevollmächtigten nach § 183a Abs. 1 S. 1 AO als auch an den fiktiv Bevollmächtigten nach § 183a Abs. 1 S. 2, 3 AO.
Nicht mehr besteht die Personenvereinigung auch dann, wenn bei einer zweigliedrigen Personenvereinigung ein Beteiligter ausgeschieden ist. Die Personenvereinigung endet dann durch Anwachsung.
Für das Insolvenzverfahren gelten Besonderheiten (hierzu Rz. 27).
Rz. 39
Die Bekanntgabe kann nach § 183a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO auch dann nicht mehr nach § 183a Abs. 1 AO erfolgen, wenn die Personenvereinigung rechtsfähig geworden ist. In diesem Fall kann auch an den rechtsgeschäftlich bestellten Empfangsbevollmächtigten nicht mehr bekannt gegeben werden, da die Ausnahme des § 183a Abs. 2 S. 2 AO für diesen Fall nicht gilt. Die rechtsgeschäftlich erteilte Bekanntgabevollmacht besteht also nicht fort, wenn die Personenvereinigung rechtsfähig wird. Das ist sachgerecht, weil bei einer rechtsfähigen Personenvereinigung die Personenvereinigung selbst, nicht die Feststellungsbeteiligten, die Vollmacht erteilen muss.
Mit dem Erwerb der Rechtsfähigkeit gemeint ist nicht die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft, sondern in eine rechtsfähige Personengesellschaft nach § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO. Vom Zeitpunkt des Erwerbs der Rechtsfähigkeit an sind die Bekanntgabeempfänger im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung nicht mehr die Feststellungsbeteiligten, sondern nach § 183 AO die Personenvereinigung als gesetzlich bestimmter Vertreter der Feststellungsbeteiligten. Die Bekanntgabe richtet sich daher nach § 183 AO.
Die Bekanntgabe nach § 183a Abs. 1 AO ist nur dann nicht mehr möglich, wenn der Finanzbehörde bekannt ist, dass die Personenvereinigung rechtsfähig geworden ist. Die Feststellungsbeteiligten und die Personenvereinigung haben es in der Hand, die Finanzbehörde über den Erwerb der Rechtsfähigkeit der Personenvereinigung zu informieren. Tun sie dies nicht, ist die Bekanntgabe nach § 183a Abs. 1 AO zulässig, bis die Finanzbehörde von dem Erwerb der Rechtsfähigkeit positiv Kenntnis erhält. Im Zweifel muss die Finanzbehörde darlegen, zu welchem Zeitpunkt sie Kenntnis erlangt hat. Dies kann nur die Finanzbehörde tun; die Feststellungsbeteiligten können hierüber i. d. R. keine Kenntnis haben.