Rz. 30
Die Korrektur eines Haftungsbescheids erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 129–132 AO. Die speziellen Korrekturbestimmungen der §§ 172ff. AO für Steuerbescheide können für Haftungsbescheide auch nicht entsprechend angewendet werden. Durch die Anwendung der allgemeinen Korrekturvorschriften wird dem Gesichtspunkt besser Rechnung getragen, dass die Geltendmachung der Haftung im Ermessen der Verwaltung liegt . Hierdurch wird auch bei Anwendung der Korrekturbestimmungen der finanzbehördliche Ermessensbereich erweitert Von einer Korrektur ist aber die Aufhebung eines Haftungsbescheids und der Erlass eines neuen zu unterscheiden.
Rz. 31
Für die Anwendung der §§ 130, 131 AO kommt es auf die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids an. Dieser ist rechtswidrig, wenn er gegen formelles oder materielles Recht verstößt. Auch die fehlerhafte Ermessensausübung hat die Rechtswidrigkeit zur Folge . Die Rechtmäßigkeit setzt das Bestehen des Haftungsanspruchs, insbesondere aber im Hinblick auf die Akzessorietät der Haftung das Bestehen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis voraus . Maßgeblich ist die materielle Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung. Nach diesem Zeitpunkt eingetretene Minderungen – etwa durch Zahlung – des Anspruchs, für den die Haftung besteht, berühren die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nicht. Insofern bleibt der Haftungsbescheid rechtmäßig und kann nicht im Klageverfahren angegriffen werden.
Rz. 31a
Hat sich die Steuerschuld nachträglich ermäßigt, z. B. nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, oder ist der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach Bekanntgabe des Haftungsbescheids erloschen, so hat der Haftungsschuldner jedoch einen Rechtsanspruch auf einen teilweisen oder völligen Widerruf des Haftungsbescheids nach § 131 Abs. 2 Nr. 3 AO bzw. § 131 Abs. 1 AO bzw. einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO. Dies gilt auch bei einem nachträglichen Erlass der Steuerschuld .
Rz. 32
Die Finanzbehörde kann auch unabhängig von der nachträglichen Veränderung der Steuerschuld den Widerruf eines rechtmäßigen Haftungsbescheids aussprechen, wenn es ihr in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zweckmäßig erscheint. Da § 131 Abs. 1 AO eine Ausnahme nicht vorsieht, ist der Widerruf auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist des § 191 Abs. 3 AO möglich. § 169 Abs. 1 AO findet keine Anwendung, da § 191 Abs. 3 AO die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Festsetzungsfrist nur für den Erlass des Haftungsbescheids vorsieht.
Rz. 33
Die Rücknahme des Haftungsbescheids hat zu erfolgen, wenn dieser rechtswidrig ist. Ist die Haftungssumme höher angesetzt worden, als die materielle Schuld tatsächlich war, so ist der Haftungsbescheid insoweit rechtswidrig. Ein den Haftungsbescheid auf die zutreffende Haftungssumme ändernder Haftungsbescheid ist demgemäß eine Teilrücknahme nach § 130 Abs. 1 AO. Erfolgt die Teilrücknahme im Einspruchsverfahren, so bleibt dieses gem. § 365 Abs. 3 AO gegen den "restlichen" Haftungsbescheid anhängig, ohne dass es einer erneuten Anfechtung bedarf. Bei der Teilrücknahme im Klageverfahren bleibt die Klage ebenfalls anhängig, ohne dass § 68 FGO anzuwenden wäre. Erfolgt die Teilrücknahme außerhalb eines Einspruchsverfahrens, so ist dieser Verwaltungsakt nur mit dem Einspruch anfechtbar, wenn der ursprüngliche Haftungsbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist.
Rz. 34
Die vollständige oder teilweise Rücknahme bzw. der Widerruf oder die Aufhebung sind begünstigende Verwaltungsakte, die nur im Rahmen des § 130 Abs. 2 AO korrigiert werden können. Der Umfang der begünstigenden Wirkung bestimmt sich nach den Gründen, die zur Aufhebung des Haftungsbescheids geführt haben und die für den Haftungsschuldner bei der Aufhebung erkennbar geworden sind. Die ersatzlose Aufhebung kann die Wirkung eines Haftungsfreistellungsbescheids haben .