Rz. 7
Über einen Streit im Erhebungsverfahren, ob Zahlungsverjährung hinsichtlich eines Anspruchs aus dem Steuerverhältnis eingetreten ist, hat das FA durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Mit diesem wird bindend darüber entschieden, ob ein Anspruch noch besteht. Maßgeblich sind insoweit die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (i. d. R. Einspruchsentscheidung).
Gegen die Entscheidung des FA sind der Einspruch und in der Folge die Anfechtungsklage statthaft.
Rz. 8
Für den Erlass des Abrechnungsbescheids ist unabhängig davon, welches FA den Anspruch ursprünglich festgesetzt hat, die nach allgemeinen Zuständigkeitsregeln zu bestimmende Behörde zuständig.
Rz. 9
Dass die Zahlungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist, hat die Finanzbehörde in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Diese Pflicht obliegt auch den FG. Diese Problematik ist nunmehr aber durch die Regelung des § 230 Abs. 2 S. 1 AO wesentlich entschärft, da die Zahlungsverjährung gehemmt ist, solange und soweit die Festsetzungsfrist des Anspruchs noch nicht abgelaufen ist.
Rz. 10
Zahlungsverjährung konnte vor der Einfügung des § 230 Abs. 2 S. 1 AO in die Regelungen zur Zahlungsverjährung auch während eines Rechtsstreits über die Steuerfestsetzung eintreten, was auch für noch laufende Verfahren weiterhin Bedeutung haben kann, da die mit dem JStG 2022 eingefügte Regelung nach Art. 97 § 14 Abs. 6 EGAO erst für alle am 21.12.2022 noch nicht abgelaufenen Zahlungsverjährungsfristen gilt, bei Inkrafttreten der Rechtsänderung bereits eingetretene Zahlungsverjährung also nicht durchbrochen wird. Der Eintritt der Zahlungsverjährung ist deshalb auch im gerichtlichen Verfahren über die Festsetzung der Steuerschuld weiterhin zu beachten (Rz. 9). Wenn Zahlungsverjährung eingetreten ist, besteht der Steueranspruch nicht mehr. Die Steuerfestsetzung ist dann zwar u. U. rechtmäßig, hat aber wegen des Erlöschens des Steueranspruchs keine Bedeutung mehr. Der Rechtsstreit ist dann in der Hauptsache erledigt. Zwar ist in diesen Fällen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung nicht geklärt; die im Streit befindlichen Sachfragen sind aber wegen des Erlöschens des streitigen Steueranspruchs nach § 232 AO gegenstandslos geworden.
Rz. 11
Lässt die evtl. auch nur partiell noch laufende Festsetzungsfrist eine Änderung der Festsetzung noch zu und erfolgt diese, beginnt auch bei schon partiell in Fällen der Hemmung des § 230 Abs. 2 S. 1 AO eingetretener Zahlungsverjährung nach Änderung wegen § 229 Abs. 1 S. 2 und 3 AO für den gesamten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis wieder eine neue Zahlungsverjährungsfrist. Kommt es in den Fällen der Hemmung nach § 230 Abs. 2 S. 1 AO aber nicht zu einer Änderung der Festsetzung, erlischt nach hier vertretener Rechtsauffassung mit Rechtskraft der Entscheidung nach § 232 AO der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis.