Rz. 40
Die Dauer der Hinterziehung ist die zweite Grundlage der Verzinsung. Sie wird vom Gesetz als Zinslauf bezeichnet (Abs. 2, 3 S. 1).
5.2.1 Beginn des Zinslaufs (Abs. 2)
Rz. 41
Der Zinslauf beginnt grundsätzlich mit dem Eintritt der Verkürzung (Abs. 2 S. 1), also mit der Vollendung der Steuerhinterziehung bzw. der Erlangung des Steuervorteils. Dies ist vor allem bei der Festsetzung der zu niedrigen Steuer gegeben, und zwar auch bei einer vorläufigen oder Vorbehaltsfestsetzung. Eine Festsetzung liegt mit der Bekanntgabe des Steuerbescheids vor. Bei der üblichen Übermittlung des Steuerbescheids durch die Post im Geltungsbereich der AO gilt der Bescheid mit dem 3. Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Erst mit dem Ablauf dieses Tages kann der Zinslauf beginnen. In den Fällen der zu niedrigen Steuerfestsetzung ist allerdings Abs. 2 S. 1 Hs. 2 zu beachten, der den Beginn des Zinslaufes auf den Zeitpunkt des späteren Fälligwerdens verschiebt
Rz. 42
Wird eine Steuer wegen Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe von Steuererklärungen nicht oder zu spät festgesetzt, so ist die Steuerhinterziehung in dem Zeitpunkt vollendet, in dem die Steuer bei Abgabe der Erklärung normalerweise festgesetzt worden wäre. Das ist spätestens beim grundsätzlichen Abschluss der Veranlagungsarbeiten (ohne Erledigung besonders gelagerter Fälle) in dem für den Steuerpflichtigen zuständigen Arbeitsbereich des FA anzunehmen. Im Einzelfall können nähere Anhaltspunkte dafür gegeben sein, dass der Fall des Stpfl. mit einiger Sicherheit schon zu einem früheren Zeitpunkt veranlagt worden wäre.
Wird im Einzelfall wegen Nichtabgabe der Steuererklärung die Steuerfestsetzung aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen durchgeführt, so gilt der Zeitpunkt dieser Steuerfestsetzung bzw. der danach folgende Fälligkeitstag.
Rz. 43
Hat der Stpfl. keine Steuererklärung abgeben und ist deshalb eine Steuerfestsetzung unterblieben, so ist die Steuer zu dem Zeitpunkt verkürzt, zu dem die Veranlagungsarbeiten für das betreffende Kj. im Wesentlichen abgeschlossen sind. Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist der Beginn des Zinslaufs abhängig von der dreimonatigen Frist zur Anzeige der Schenkung, der einmonatigen Frist zur Abgabe der Steuererklärung und von der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer des FA, die mit 8 Monaten anzusetzen ist.
Rz. 44
Ist eine Steuererklärung nach § 153 AO zu berichtigen oder zu ergänzen, so ist eine vollendete Steuerhinterziehung in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem das FA normalerweise nach einer unverzüglichen Anzeige gem. § 153 AO die Änderungsfestsetzung bekanntgegeben hätte.
Bei Steueranmeldungen wie z. B. bei LSt-Anmeldungen, USt-Voranmeldungen und USt-Jahreserklärungen, ist die Steuerhinterziehung mit dem Eingang beim FA vollendet, es sei denn, das FA setzt die Steuer abweichend von der Steueranmeldung fest bzw. bei Zustimmung der Finanzbehörde, wenn eine solche erforderlich ist, um die Steueranmeldung wie eine Steuerfestsetzung zu behandeln. Für den Beginn des Zinslaufes ist allerdings die gesetzliche Fälligkeit auch für diese Fälligkeitssteuern der Auslöser.
Rz. 44a
Führt eine Steueranmeldung zu einer Erstattung oder einer Steuervergütung, so ist die Festsetzungswirkung von der Zustimmung der Finanzbehörde abhängig. Erst mit dieser Zustimmung ist die Steuer zu niedrig festgesetzt. Bei Steuervergütungen in anderen Fällen einschließlich der ihnen gleichgestellten Subventionen (z. B. Prämien, Zulagen) beginnt der Zinslauf mit der Bekanntgabe des sie festsetzenden Verwaltungsakts, nicht erst mit der Auszahlung.
Ist eine Stundung, ein Billigkeitserlass oder eine Billigkeitserstattung Gegenstand einer Steuerhinterziehung, weil z. B. der Begünstigte durch falsche Angaben das FA getäuscht hat, so ist die Steuerhinterziehung mit der Bekanntgabe des gewährenden Verwaltungsakts vollendet.
Rz. 45
Bei unterlassener Verwendung von Steuerzeichen ist der Zeitpunkt entscheidend, zu dem die Steuerzeichen spätestens hätten verwendet werden müssen. In den Fällen der fortgesetzten Handlung, für die früher strafrechtlich ein Fortsetzungszusammenhang angenommen wurde, war nicht die strafrechtliche Vollendung maßgebend, die hier auf einer Hilfskonstruktion beruhte und mehrere Veranlagungszeiträume zusammenfassen konnte. Vielmehr war auch damals schon der einzelne Veranlagungszeitraum hinsichtlich der Steuerfestsetzungen für sich zu betrachten.