Rz. 51
Die Hinterziehungszinsen, die 0,5 v. H. für jeden vollen Monat betragen, werden durch Zinsbescheid festgesetzt. In diesem Verfahren ist auch festzustellen, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung gegeben sind. Ggf. kann Anfechtungsklage beim FG erhoben werden.
Beruhen die Steuernachforderungen z. B. bei der ESt auf Hinterziehungshandlungen im Rahmen einer Personengesellschaft, so ist wie bei der Steuer selbst eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Grundlagen für den Zinsbescheid durchzuführen. Das ergibt sich daraus, dass nach § 239 Abs. 1 S. 1 AO auf die Zinsen die für die Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Diese einheitliche und gesonderte Feststellung der hinterzogenen Beträge ist auch dann durchzuführen, wenn an dem Feststellungsverfahren nur wenige Personen beteiligt sind. Bei der Inanspruchnahme des Zinsschuldners steht dem FA keinerlei Ermessensspielraum zu. Die Zinsfestsetzung ist vielmehr zwingend, auch wenn der Zinsschuldner nicht mit dem Steuerhinterzieher identisch ist und letzterer im Haftungsweg in Anspruch genommen werden könnte.
Eine vorherige Festsetzung der Steuer, auf die die Hinterziehungszinsen festgesetzt werden sollen, fordert § 235 AO nicht. Dennoch ist m. E. (anders z. B. bei Hinterziehung durch Stundungserschleichung) eine Zinsfestsetzung nur dann zulässig, wenn eine Steuerfestsetzung vorausgegangen ist. Erfolgt die Festsetzung der Zinsen nach § 233a AO erst später, ist die Festsetzung der Hinterziehungszinsen zu ändern.
Die Möglichkeit eines Verzichts auf diese Zinsen sieht das Gesetz im Gegensatz zu den Stundungs- und Aussetzungszinsen nicht vor. Die Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO sind dagegen grundsätzlich möglich. Diesen wird jedoch regelmäßig die fehlende Würdigkeit entgegenstehen. Allerdings kommen bei einem Auseinanderfallen von Steuerhinterzieher und Steuerschuldner im Hinblick auf die Nichtabzugsfähigkeit der Hinterziehungsszinsen nach der Regelung des SteuerreformG 1990 insoweit Billigkeitsmaßnahmen in Betracht. Der Grund für den Verzicht kann allerdings weder in der mangelnden Beteiligung des Zinsschuldners am Hinterziehungsvorgang noch im Fehlen eines wirtschaftlichen Vorteils bei einer Gesamtbetrachtung liegen.
Unberührt ist die Entscheidung über einen Zinsverzicht; insoweit bedarf es nach wie vor eines gesonderten Einspruchs.
Zur Verjährung der Hinterziehungszinsen vgl. § 239 Abs. 1 Nr. 3 AO.
Rz. 52
Zuständig ist die für die Verwaltung der Steuer zuständige Finanzbehörde, nicht dagegen die Strafsachenstelle. Diese kann zwar sachverständige Hinweise und andere Hilfen geben. Die Entscheidung hat jedoch die zuständige Finanzbehörde zu treffen. Sie ist dabei auch nicht an die Ermittlungsergebnisse, Auffassungen und Entscheidungen der Strafsachenstelle in der Strafsache gebunden (vgl. Rz. 24). Deswegen darf die Strafsachenstelle in den Fällen, in denen wegen der Erfüllung aller Voraussetzungen einer Selbstanzeige eine Strafverfolgung ausscheidet, keine strafrechtlichen Ermittlungshandlungen nach strafprozessualen Vorschriften mehr durchführen, um die Voraussetzungen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu ermitteln.
Bei hinterzogenen Realsteuern sind die Hinterziehungszinsen von der Stelle festzusetzen, die die GewSt festsetzt. Das ist regelmäßig die Behörde der hebeberechtigten Gemeinde, auf die in den meisten Bundesländern gem. Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG die Verwaltung der Realsteuern insoweit übertragen worden ist.
Rz. 53
Die Zinsfestsetzung kann und sollte ausgesetzt werden, bis die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar ist, u. U. auch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Steuerstrafverfahrens. Der Beginn der Festsetzungsfrist ist nach § 239 Abs. 1 Nr. 2 AO so gelegt, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist im Fall der Aussetzung nicht zu befürchten ist.
Steuerhinterzieher und Steuerhehler, die nicht zugleich Steuerschuldner sind, können nach § 71 AO auch wegen der Hinterziehungszinsen im Haftungsweg in Anspruch genommen werden.
Sowohl gegen den Zinsbescheid wie auch evtl. gegen den Feststellungsbescheid ist gem. § 347 Abs. 1 Nr. 1 AO der Einspruch gegeben.
Die vorläufige Festsetzung der Zinsen ist entfallen.