Rz. 9
Die Zinsen werden nach §§ 155ff. AO wie Steuern durch Bescheid festgesetzt. Der Zinsbescheid muss in Form und Inhalt den Anforderungen des § 157 AO genügen. Dieser muss schriftlich oder elektronisch erteilt werden und Art und Betrag der Zinsen (ggf. nach Steuerart, Zeiträumen, also Einzelbeträgen aufgeschlüsselt) und den Zinsschuldner angeben. Von den Steuerfestsetzungen werden jedoch nur diejenigen der Jahressteuern für die Verzinsung herangezogen. Für den Inhalt, die Bekanntgabe und das Wirksamwerden des Zinsbescheids gelten die §§ 119, 122 und 124 AO. Der Widerruf eines zur Post aufgegeben Steuerbescheids vor dessen Zugang ist wirksam. Die Aussetzungszinsen können daher auch in mehreren Bescheiden festgesetzt werden, wenn nur jeder Bescheid den ausgesetzten Steuerbetrag und den Zeitraum angibt. Ein Fehler in der Bezeichnung des Zinsschuldners kann nicht durch spätere Richtigstellung geheilt werden.
Rz. 10
Gegenüber Ehegatten ist daher nach § 122 Abs. 7 AO ein zusammengefasster Zinsbescheid zulässig. Wegen der engen Verknüpfung mit der ESt-Erklärung soll bei den Hinterziehungszinsen sogar eine gegenseitige Bevollmächtigung zur Empfangnahme des Zinsbescheids angenommen werden können. Es ist wie beim Steuerbescheid auch unschädlich, wenn in einem Zinsbescheid eine unrichtige Rechtsgrundlage angegeben worden ist. Die Festsetzung der Zinsen auf Steuernachforderungen oder Steuererstattungen soll nach § 233a Abs. 4 AO mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, wobei sie einen eigenen Verwaltungsakt bedeutet.
Rz. 11
Nach § 155 Abs. 2 und § 162 Abs. 5 AO kann ein Zinsbescheid schon vor Erlass des Steuerbescheids oder der Stundungsverfügung ergehen.11 Der Zinsbescheid kann auch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig ergehen; die Drittwirkung der Steuerfestsetzung ist anzuwenden. Der Bescheid kann nach § 129 AO berichtigt oder nach § 172ff. AO aufgehoben oder geändert werden. Die Akzessorietät der Zinsfestsetzung ist durch Anfügung des § 234 Abs. 1 S. 2, § 235 Abs. 3 S. 3, § 236 Abs. 5 sowie des § 237 Abs. 5 AO mit Wirkung ab 30.12.1993 eingeschränkt worden. In diesen Fällen ist aber eine Herabsetzung der Zinsen aus Billigkeitsgründen möglich.
Rz. 12
Die Festsetzung der Zinsen steht nicht im Ermessen der (für die Verwaltung der dazu gehörenden Steuer) zuständigen Finanzbehörde, sondern ist stets von Amts wegen durchzuführen. Fehlen dieser Finanzbehörde notwendige Informationen, so hat sie diese einzuholen. Ist etwa ein langjähriges finanzgerichtliches Rechtsbehelfsverfahren über einen Grundlagenbescheid zum ESt-Bescheid anhängig gewesen, so hat das Wohnsitz-FA bei der Folgeänderung des ESt-Bescheids zugunsten des Steuerpflichtigen das Betriebs-FA nach dem ihm bisher unbekannten Beginn der Rechtshängigkeit i. S. d. § 236 Abs. 1 AO zu befragen.
Rz. 13
Eine niedrigere Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung des FA, die nur in den Grenzen des § 102 FGO nachgeprüft werden kann. Sie kann aus §§ 163 und 227 AO ergeben, zumal sich ihre Voraussetzungen weitgehend mit den Maßnahmen nach § 234 Abs. 2 und § 237 Abs. 4 AO decken. Eine bestandskräftige Steuerfestsetzung kann jedoch nicht durch einen Billigkeitsentscheidung korrigiert werden; etwas anderes gilt nur für den Ausnahmefall, dass eine offensichtlich und eindeutige Steuer- bzw. Zinsfestsetzung nicht oder nicht in zumutbarer Weise eingelegt werden konnte.
Die Drittwirkung des § 166 AO auf den Gesamtrechtsnachfolger und denjenigen, der einen Rechtsbehelf gegen den Zinsbescheid einlegen konnte, gelten auch für den Zinsbescheid. Auch ist die Möglichkeit einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und der vorläufigen Festsetzung gegeben. Schließlich gelten auch die Berichtigungs- und Änderungsbestimmungen der §§ 129, 132, 172–177 AO für die Zinsbescheide. So ist z. B. der Zinsbescheid über Stundungszinsen entsprechend § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO aufzuheben oder zu ändern, wenn der Stundungsverwaltungsakt ganz oder teilweise zurückgenommen oder widerrufen wird.
Rz. 14
Für die Zinsen auf Steuernachforderungen oder Steuererstattungen sieht § 233a Abs. 5 AO eine besondere Änderungsregelung für die Fälle vor, in denen der zugrunde liegende Steuerbescheid oder die Anrechnung geändert oder aufgehoben wird. Diese Änderungsgrundlage ist selbstständig. Gegenüber § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO ist sie lex specialis. Andere Änderungsgrundlagen bleiben neben ihr anwendbar.