Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
3.3.1 Wesen und Berechnung
Rz. 44
Bei einer Säumnis von bis zu 3 Tagen wird ein Säumniszuschlag nicht erhoben (Abs. 3). Bis zum 31.12.2003 galt eine Schonfrist von 5 Tagen. Die Änderung durch das StÄndG 2003 v. 15.12.2003 wurde mit mehreren Aspekten begründet, wie etwa einem schnelleren Überweisungsverkehr und einer Missbrauchseinschränkung. Durch Anfügung eines S. 2 in Abs. 3 durch Art. 17 FKPG v. 23.6.1993 ist die Regelung der Schonfrist mit Wirkung ab 1.1.1994 für Zahlungen nach § 224 Abs. 2 Nr. 1 (Übergabe bzw. Übersendung von Zahlungsmitteln: Bar- bzw. Scheckzahlung) ausgeschlossen worden (vgl. Rz. 46). Die Schonfrist galt bis zum 31.12.1993 für alle Zahlungen, ab 1.1.1994 gilt sie für alle übrigen Zahlungen, bei deren Ausbleiben Säumniszuschläge zu entrichten sind. Auf die Gewährung der Schonfrist besteht ein Rechtsanspruch. Sie ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Dennoch ist der Stpfl. mit seiner Zahlung säumig und handelt damit pflichtwidrig, da in ihr keine Verlängerung der Zahlungsfrist steckt. Bei häufiger Wiederholung der Ausnutzung der Schonfrist ist er nicht mehr als pünktlicher Steuerzahler anzusehen. Daraus können — z. B. bei Billigkeitsmaßnahmen im Fall kurzfristiger Überschreitung der Schonfrist — negative Folgen abgeleitet werden. Die Herkunft der Fälligkeit des nicht rechtzeitig gezahlten Betrags ist für die Schonfrist ohne Bedeutung. Abs. 3 S. 1 bedeutet keine Verschiebung der Fälligkeit. Wird z. B. eine Steuer nicht bei Fälligkeit am 10.2. gezahlt, so sind bei der Zahlung bis zum Ablauf des 13.2. keine Säumniszuschläge zu entrichten. Bei einer Zahlung am 12.3. wären aber für 2 Monate Säumniszuschläge verwirkt.
Rz. 44a
Eine weiter gehende Bedeutung hat die Schonfrist nicht. Insbesondere besteht keine Obliegenheit der Finanzbehörde, von einer Einzugsermächtigung innerhalb der Schonfrist Gebrauch zu machen bzw. einen bei Fälligkeit eingereichten Scheck innerhalb der Schonfrist vorzulegen.
Rz. 45
Für die Berechnung der Schonfrist gelten § 108 und über diesen auch §§ 187—193 BGB. Fällt die Fälligkeit auf einen Samstag, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, so beginnt die Schonfrist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags (§ 108 Abs. 3). Fällt der letzte Tag der Schonfrist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so tritt an seine Stelle der nächstfolgende Werktag. Fällt also z. B. der dritte und letzte Tag der Schonfrist auf Samstag, den 5.5., so verschiebt sich das Ende der Schonfrist auf Montag, den 7.5.
Der Stpfl. hat einen Rechtsanspruch auf die Schonfrist und kann sie voll ausnutzen. Bei ihrer — wenn auch kurzfristigen — Überschreitung kann er jedoch nicht mit einem Billigkeitserlass rechnen.
3.3.2 Ausnahmen
Rz. 46
Die Schonfrist soll den im Bank- oder Postbankverkehr auftretenden Verzögerungen Rechnung tragen, auf die der Steuerschuldner regelmäßig keinen Einfluss nehmen kann. Da der Steuerschuldner demgegenüber bei der Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln den rechtzeitigen Eingang sicherstellen kann, in der Praxis die Schonfrist jedoch zunehmend als Verschiebung der Fälligkeit genutzt worden ist, hat sich der Gesetzgeber zu einer Herausnahme dieser Zahlungsvorgänge aus dem Anwendungsbereich der Schonfrist veranlasst gesehen. Die ab 1.1.1994 geltende Beschränkung betrifft die Zahlungen nach § 224 Abs. 2 Nr. 1, also die Übergabe und die Übersendung von Zahlungsmitteln. Neben der in der Praxis sehr selten gewordenen Barzahlung bezieht sie sich vor allem auf die Fälle der Scheckzahlung. Diese Zahlung muss ab 1.1.1994 bis zur Fälligkeit geschehen sein, wegen der Voraussetzung der Steuerfestsetzung bzw. Steueranmeldung nach Abs. 1 S. 3 spätestens vor Eintritt der Säumnis in diesen Fällen. Reicht der Stpfl. zusammen mit der Steueranmeldung beim Veranlagungsfinanzamt auch einen Scheck über den Zahlungsbetrag ein, so soll die Scheckzahlung unabhängig von der Schonfrist aus Billigkeitsgründen als rechtzeitig eingereicht gelten.