Rz. 66
Die Anfechtung von Rechtshandlungen aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist in §§ 129ff. InsO geregelt, wobei die Regelungen in 2017 in Teilbereichen neu gefasst wurden. Die Bestimmungen zur Insolvenzanfechtung gelten hierbei grundsätzlich auch gegenüber der Finanzbehörde. Die Anfechtung übt der Insolvenzverwalter aus, indem er Klage vor den ordentlichen Gerichten erhebt. Die Anfechtungsgründe sind in den §§ 130 bis 136 InsO geregelt. Eine Insolvenzanfechtung scheidet nach der Rechtsprechung aus, wenn der Anfechtungsschuldner vor der Insolvenzeröffnung bereits nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes in Anspruch genommen worden ist. Für die Finanzverwaltung kommt hierbei insbesondere die Anfechtung von erlangten Sicherheiten nach § 131 InsO in Betracht. Hierbei handelt es sich um eine Anfechtung wegen einer sog. inkongruenten Deckung. Diese liegt vor, wenn der Gläubiger durch eine Rechtshandlung eine Sicherung oder Befriedigung erlangt, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte.
Rz. 67
Zweck der Insolvenzanfechtung ist es, sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung zu korrigieren und auf diese Weise die Insolvenzmasse zu stärken. Anfechtbar sind deshalb vor allem die Gewährung von Sicherheiten, unmittelbar benachteiligende Rechtshandlungen sowie unentgeltliche Leistungen. Die Anfechtung nach den Bestimmungen der InsO geht einer Anfechtung von Rechtshandlungen durch Gläubiger nach dem AnfG vor. Diese beiden Anfechtungsarten sind zwar von ihrer Zielrichtung her ähnlich ausgestaltet, sie sind gleichwohl klar voneinander zu unterscheiden. Zum Verhältnis der Geschäftsführerhaftung und der Anfechtbarkeit nach §§ 130, 131 InsO vgl. BFH v. 10.5.2006, VII B 123/05, BFH/NV 2006, 1610. Zur Frage der Rückgewähr von Steuerzahlungen bei Insolvenzanfechtung vgl. BGH v. 17.2.2004, IX ZR 318/01, BFH/NV Beilage 2004, 325. Zur Rückforderung einer auf einer unberechtigten Anfechtung beruhenden Leistung des FA BFH v. 12.11.2013, VII R 15/13, BStBl II 2014, 359.
Rz. 67a
Macht ein Insolvenzverwalter eine Anfechtung im Hinblick auf Steuerzahlungen geltend, kann über das Bestehen des Anspruchs kein Abrechnungsbescheid ergehen, da es sich nicht um einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis handelt. Mit dieser Rechtsprechung gleicht der BFH sich dem BGH an, der den Anspruch auf Rückgewähr ebenfalls als zivilrechtlichen Anspruch einstuft.
Rz. 67b
Nicht unter die Insolvenzanfechtung fallen nach § 142 InsO Bargeschäfte. Auch § 142 InsO wurde in Teilbereichen neu gefasst. Dabei können insbesondere auch Dienstleistungen eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers unter den Begriff des Bargeschäfts fallen. Dieses ist dann der Fall, wenn Leistungen und Gegenleistung zeitlich oder gegenständlich teilbar sind. Es muss ein zeitnaher Austausch stattfinden, zwischen dem Beginn der Beratung und der Erbringung der Gegenleistung dürfen nicht mehr als 30 Tage liegen und bei einem Vorschuss darf die angeforderte Vergütung nicht den Wert der Gegenleistung für die nächsten 30 Tage überschreiten. Das Urteil hat damit eine erhebliche Bedeutung für Berater, deren Mandanten sich in einer wirtschaftlichen Krise befinden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nach der Neufassung des§ 142 InsO ein bargeschäftsähnlicher Leistungsaustausch dann anfechtbar ist, wenn das Schuldnerhandeln unlauter war.