3.1 Allgemeines
Rz. 7
Aus Gründen der Verwaltungsökonomie sieht § 26 S. 2 AO die Möglichkeit der Fortführung eines bereits begonnenen Verwaltungsverfahrens durch die bisher zuständige Finanzbehörde vor, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Finanzbehörde zustimmt. Auf diese Weise soll insbesondere in komplexen oder kurz vor dem Abschluss stehenden Fällen verhindert werden, dass bisher geleistete Arbeit entwertet wird und besondere Sachkenntnisse, die sich ein bisher mit der Sache befasster Bearbeiter erworben hat, verloren gehen.
Gegenstand der Fortführung können alle in der AO geregelten Verwaltungsverfahren mit Ausnahme von Straf- und Bußgeldverfahren sein, für die die Sonderregelungen der §§ 388 – 390 AO gelten. Zu nennen sind insbesondere das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren, das Zerlegungs-, Zuteilungs- und Haftungsverfahren, die Außenprüfung, das Erhebungs- und das Vollstreckungsverfahren. Auch im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ist eine Fortführung nach § 26 S. 2 AO zulässig.
3.2 Begonnene Verfahren
Rz. 8
§ 26 S. 2 AO ermöglicht nur die Fortführung eines bereits begonnenen Verfahrens.
Begonnen ist ein Verfahren mit der ersten auf Außenwirkung gerichteten Maßnahme der Behörde. Dies kann z. B. die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung oder der Erlass einer Prüfungsanordnung sein. Handlungen des Stpfl. – wie die Stellung eines Antrags oder die unaufgeforderte Abgabe einer Steuererklärung – reichen hingegen nicht aus. Der Beginn des Verfahrens ist für jede Steuerart und für jeden Veranlagungszeitraum getrennt zu beurteilen. Darüber hinaus müssen das begonnene und das fortgeführte Verfahren identisch sein. Daran fehlt es, wenn ein durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt abgeschlossenes Verfahren – z. B. durch Erlass eines nach § 173 Abs. 1 AO geänderten Steuerbescheids – neu aufgerollt wird.
3.3 Einfache und zweckmäßige Durchführung des Verfahrens
Rz. 9
Die Voraussetzung, dass die Fortführung durch die bisher zuständige Finanzbehörde der Vereinfachung des Verfahrens dient und damit zweckmäßig ist, ist regelmäßig erfüllt, wenn ein Verfahren über das Anfangsstadium hinaus gelangt ist und die Fortführung durch die neu zuständig gewordene Finanzbehörde einen erheblichen Einarbeitungsaufwand erfordern oder eine bedeutende Verzögerung mit sich bringen würde. Anders kann es sich verhalten, wenn der den Zuständigkeitswechsel begründende Umstand die Weiterführung des Verfahrens durch die bisher zuständige Finanzbehörde erheblich erschwert, wie z. B. der Wegzug des Stpfl. in einen weit entfernten Ort nach Beginn einer Außenprüfung. Betrifft der Vereinfachungszweck nur einen Teil des Verfahrens, kommt auch eine Fortführung nur dieses Teils in Betracht.
Ob die Fortführung der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient, ist gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbar.
3.4 Interessen der Beteiligten
Rz. 10
Im Unterschied zu § 27 AO verlangt § 26 S. 2 AO zwar keine Zustimmung des Betroffenen. Das Gesetz macht die Fortführung des Verfahrens durch die bisher zuständige Finanzbehörde aber von der Wahrung der Interessen der Beteiligten, d. h. auch derjenigen des Stpfl., abhängig. Dieser muss daher vor der Entscheidung über die Verfahrensfortführung gehört werden.
Ob diese Anhörung durch die bisher oder die nunmehr zuständige Behörde erfolgt, ist unerheblich. Erforderlich ist allein, dass die bisher zuständige Behörde von dem Ergebnis der Anhörung Kenntnis erhält und bei der ihr obliegenden Entscheidung über die Fortführung berücksichtigen kann.
Die Interessen der Beteiligten werden gewahrt, wenn die Fortführung des Verfahrens durch die bisher zuständige Finanzbehörde die Wahrung seiner Rechte nicht wesentlich erschwert. Da die Stellung als Beteiligter auf ein konkrete...