Dr. Zacharias-Alexis Schneider
Rz. 1
Die Vorschrift des § 265 AO regelt die Besonderheiten der Vollstreckung im Fall der Erbfolge gegen den bzw. die Erben. Mit der Verweisung auf Vorschriften des BGB und der ZPO wird ein Gleichlauf der Steuervollstreckung nach der AO mit der Vollstreckung nach der ZPO erreicht.
Rz. 2
Bei der Vollstreckung gegen den Erben bedarf es einer Differenzierung sowohl hinsichtlich der Vermögensmassen, in die vollstreckt werden soll (Nachlass oder Eigenvermögen des Erben), als auch hinsichtlich der Art der Schuld, wegen der vollstreckt werden soll (Nachlassschuld oder eigene Schuld des Erben). Ohne Weiteres zulässig ist die Vollstreckung in den Nachlass, wenn der Erblasser Vollstreckungsschuldner war. Gleichfalls ist die Vollstreckung in das eigene Vermögen des Erben zulässig, wenn der Erbe selbst Vollstreckungsschuldner ist. Probleme ergeben sich dagegen, wenn wegen einer Schuld des Erben in den Nachlass bzw. wegen einer Nachlassverbindlichkeit in das Eigenvermögen des Erben vollstreckt werden soll.
Rz. 3
Die von § 265 AO durch entsprechende Anwendung der Regelungen des BGB und der ZPO gelösten Probleme beruhen auf der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung durch den Erben. Mit dem Tod des Erblassers geht das Vermögen als Ganzes gem. § 1922 Abs. 1 BGB im Wege der Universalsukzession auf den Erben über. Ebenfalls ohne besonderen Übertragungsakt gehen hierbei nach § 1967 Abs. 1 BGB auch die Verbindlichkeiten und nach § 45 Abs. 1 S. 1 AO die Steuerschulden des Erblassers über. Der Erbe hat somit als Gesamtrechtsnachfolger grundsätzlich für die Steuerschulden des Erblassers einzustehen, kann diese Haftung jedoch auf den Nachlass beschränken. Ansprüche, die nach dem Erbfall durch die Verwaltung und Nutzung des Nachlasses begründet werden, zählen dabei nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten. Er hat zudem das Recht, die Erbschaft binnen einer Frist von sechs Wochen auszuschlagen. Das Ausschlagungsrecht verliert der Erbe vor Fristablauf durch die Annahme der Erbschaft. Mit Ablauf der Sechswochenfrist gilt die Erbschaft als angenommen. Eine Teilannahme bzw. -ausschlagung ist nicht möglich, es sei denn, der Erbe ist zu mehreren Erbteilen berufen.
Rz. 4
Die durch die Vorschrift für entsprechend anwendbar erklärten Regelungen des BGB und der ZPO unterscheiden deshalb danach, ob es um eine Vollstreckung vor oder nach Annahme der Erbschaft geht. Vor der Annahme soll der Erbe für die Zeit von sechs Wochen die Zeit zur Überprüfung der Nachlassverhältnisse und zur Vorbereitung der Entscheidung haben, ob er endgültiger Erbe werden will, ohne durch Vollstreckungsmaßnahmen unter Druck zu stehen. Während dieser Schwebezeit darf daher weder ein vollstreckbarer Verwaltungsakt noch ein Leistungsgebot gegen den vorläufigen Erben wegen Nachlassverbindlichkeiten ergehen.