Dr. Zacharias-Alexis Schneider
1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift des § 266 AO ist § 786 Abs. 1 ZPO nachgebildet. Sie nennt allerdings abweichend von der Vorbildvorschrift für die Verweisung weder § 780 Abs. 1 ZPO noch § 785 ZPO. Während § 780 ZPO nicht in das Verwaltungsverfahren nach der AO passt, ergibt sich der Inhalt der Verweisung des § 785 ZPO im Wesentlichen bereits aus § 262 AO bzw. aus §§ 256, 257 AO.
Rz. 2
Der Anwendungsbereich des § 266 AO unterscheidet sich grundlegend von dem des § 265 AO. Während sich § 265 AO mit der Zwangsvollstreckung gegen den bzw. die Erben als Steuerschuldner nach § 45 AO in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge befasst, regelt § 266 AO die Vollstreckung in Fällen der Haftung für steuerliche Verbindlichkeiten anderer Personen bzw. der Haftung bestimmter Vermögensmassen (Gesamtgut, Nachlass). Behandelt werden daher Haftungsbeschränkungen des materiellen bürgerlichen Rechts und nicht solche des Vollstreckungsrechts.
Rz. 3
Trotz des sehr unterschiedlichen Inhalts der Haftung nach bürgerlichem Recht und Steuerrecht handelt es sich im Anwendungsbereich des § 266 AO regelmäßig um Fälle, in denen der Steueranspruch durch Haftungsbescheid nach § 191 AO mit einer Zahlungsaufforderung nach § 219 AO geltend gemacht wird. Hierbei liegt regelmäßig das Leistungsgebot nach § 254 Abs. 1 AO bereits in der Zahlungsaufforderung.
2 Inhalt
Rz. 4
Die Vorschrift übernimmt die Regelungen der §§ 781–784 ZPO für eine Reihe von Fällen beschränkter Haftung. Dabei bleibt nach § 781 ZPO die Einwendung der beschränkten Erbenhaftung solange unberücksichtigt, bis sie geltend gemacht wird. Geltend gemacht werden können die Haftungsbeschränkungen durch formlose Gegenvorstellung. Wegen § 256 AO wird im Vollstreckungsverfahren nur geprüft, ob die geltend gemachten Haftungsbeschränkungen vorliegen – nicht dagegen, ob auch die Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind. Bleiben die Einwendungen von der Vollstreckungsbehörde unberücksichtigt, ist gegen die konkrete Vollstreckungsmaßnahme der Einspruch nach § 347 AO statthaft und die Haftungsbeschränkung ggf. im finanzgerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Einstweiliger Rechtsschutz erfolgt durch die Verfahren nach § 361 AO und § 69 FGO. Grundsätzlich muss die Vollstreckung bereits begonnen haben. Da jedoch der Vollstreckungsschuldner vor seiner Inanspruchnahme als Haftender hinsichtlich des betroffenen Anspruchs in keinem steuerlichen Verhältnis zur Vollstreckungsbehörde gestanden hat, muss es zur Vermeidung von irreparablen Schäden genügen, dass die Vollstreckungsbehörde im Fall der positiven Kenntnis von einer Haftungsbeschränkung nur einen Duldungsbescheid erlässt und in diesem bereits die Beschränkung berücksichtigt. Umstritten ist aufgrund der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, ob die Haftungsbeschränkungen darüber hinaus bereits beim Erlass des Haftungsbescheids im Festsetzungsverfahren mitgeprüft werden müssen, wenn feststeht, dass kein verwertbares Vermögen übernommen worden ist.