Rz. 6
Für die Ermittlung der fiktiven Steuerbeträge, nach deren Verhältnis die rückständige Steuer aufzuteilen ist, sind nach S. 2 der Vorschrift die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse maßgebend, die bei der Zusammenveranlagung zugrunde gelegt worden sind. Diese Grundlagen sind für die fiktive Steuerbetragsermittlung ohne Veränderung zu übernehmen, auch wenn sie sich als falsch herausgestellt haben. Das ist schon deswegen notwendig, weil diese Grundlagen auch der Steuerfestsetzung selbst zugrunde gelegen haben, aus der sich der Rückstand ergeben hat. Die Aufteilung führt also weder zu einer Veränderung der eigentlichen Steuerfestsetzung noch zu einer Veränderung der Besteuerungsgrundlagen bei der fiktiven Steuerbetragsermittlung.
Allerdings können sich im Rahmen der fiktiven Einzelveranlagung andere rechtliche Konsequenzen als im Rahmen der Zusammenveranlagung ergeben, z. B. weil die Anwendung von Günstigerregelungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Insoweit besteht nach § 270 S. 2 letzter Satzteil AO keine Bindung an die bei der Zusammenveranlagung getroffene Entscheidung.
Auch soweit der Steuerbescheid – wie z. B. bei Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen – keine Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen auf die verschiedenen Gesamtschuldner vornimmt, kann sich keine Bindungswirkung ergeben.
Rz. 7
Die Bindungswirkung hat zur Folge, dass zusammen zur ESt veranlagte Ehegatten allein dadurch beschwert sein können, dass das FA die Einkünfte abweichend von der Steuererklärung auf die Ehegatten aufgeteilt hat, selbst wenn sich die Gesamtsteuerschuld hierdurch nicht verändert. Die Beschwer besteht allerdings nur so lange, wie die Aufteilung noch möglich ist; sie entfällt mit der vollständigen Zahlung der Steuerschuld.
Rz. 8
Ungeachtet der Bindung des Aufteilungsbescheids an die der Steuerfestsetzung zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen stehen beide nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid. Deshalb ist ein Klageverfahren gegen den Aufteilungsbescheid nicht wegen eines gegen die Steuerbescheide anhängigen Klageverfahrens nach § 74 FGO auszusetzen. Die in der Lit. z. T. vorgenommene Qualifikation des Steuerbescheids als "eine Art" Grundlagenbescheid verkennt, dass der Aufteilungsbescheid kein geeigneter Folgebescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO ist. Die Einordnung des Steuerbescheids als Grundlagenbescheid hat auch im Hinblick auf die mögliche Änderung des Aufteilungsbescheids keine praktische Bedeutung, weil § 280 Abs. 1 Nr. 2 AO für den Fall der Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung eine Änderung des Aufteilungsbescheids anordnet und damit eine dem § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO vergleichbare Regelung trifft.