Rz. 9

§ 272 Abs. 1 S. 3 AO schreibt eine abschließende Aufteilung nach Durchführung der Veranlagung vor. Sinn dieser Vorschrift ist es, die nur auf der Grundlage eines vorläufigen Maßstabs vorgenommene Aufteilung nach dem endgültigen Maßstab zu korrigieren. Die abschließende Aufteilung ist daher grundsätzlich zwingend.[1] Eine Einschränkung entsprechend § 279 Abs. 1 S. 2 AO ist in § 272 Abs. 1 AO nicht vorgesehen und kann auch nicht aus § 279 Abs. 1 S. 2 AO hergeleitet werden. Dies kann allerdings nur dann gelten, wenn Vorauszahlungen bereits vor der Veranlagung aufgeteilt worden waren. Ist – trotz früheren Antrags – bis zur Veranlagung eine Aufteilungsentscheidung nicht getroffen worden, so ist eine Korrektur nicht nötig, weil für die noch bevorstehende Aufteilung nach § 272 Abs. 2 AO der endgültige Maßstab gilt. In diesem Fall gilt die allgemeine Regelung des § 279 Abs. 1 S. 2 AO, derzufolge eine Entscheidung nicht erforderlich ist, wenn Vollstreckungsmaßnahmen nicht ergriffen bzw. bereits ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen wieder aufgehoben werden.

 

Rz. 10

In die abschließende Aufteilung ist gem. § 272 Abs. 1 S. 4 AO die gesamte Steuer des Veranlagungszeitraums abzüglich derjenigen Vorauszahlungsbeträge einzubeziehen, die vor den aufgeteilten Vorauszahlungen gezahlt worden sind.

 
Praxis-Beispiel

Pro Vierteljahr sind 2.000 EUR Vorauszahlungen zu leisten. Die Ehefrau hat die ersten beiden Vorauszahlungen von zusammen 4.000 EUR sowie einen Teilbetrag von 1.000 EUR der Vorauszahlung für das 3. Quartal geleistet. Sie beantragt am 1. Oktober des Veranlagungsjahrs die Aufteilung der Vorauszahlungen.

In die abschließende Aufteilung nach Veranlagung sind 1.000 EUR aus der Vorauszahlung des 3. Vierteljahrs, die Vorauszahlung i. H. v. 2.000 EUR des 4. Vierteljahrs und eine etwaige Abschlusszahlung einzubeziehen.

 

Rz. 11

Die Summe der in die Aufteilung einzubeziehenden Beträge ist nach dem endgültigen Maßstab aufzuteilen, der sich durch fiktive Einzelveranlagungen nach §§ 270, 271 AO ergibt. Auf die so ermittelten Beträge für die einzelnen Gesamtschuldner sind jeweils die Beträge anzurechnen, die der einzelne Gesamtschuldner auf die aufgeteilten Vorauszahlungen entrichtet hat.[2] Dabei können sich Überzahlungen ergeben, die zu erstatten sind.[3] Dies steht nicht im Widerspruch zum Charakter der Aufteilung als Vollstreckungsbeschränkung, da die zu erstattenden Zahlungen bereits während der Vollstreckung höher als erzwingbar geleistet worden sind.[4]

 
Praxis-Beispiel

Im obigen Beispiel (Rz. 10) sind nach fiktiver Festsetzung getrennter Vorauszahlungen die rückständigen und weiteren Vorauszahlungen nach dem sich ergebenden Verhältnis von 3 Teilen der Ehefrau und einem Teil des Ehemanns aufgeteilt worden. Die Ehefrau zahlt daraufhin für das 3. Vierteljahr noch 500 EUR, für das 4. Vierteljahr 1.500 EUR. Die übrigen Vorauszahlungen bleiben rückständig. Die Veranlagung ergibt eine Abschlusszahlung von 500 EUR, sodass noch 1.500 EUR zu zahlen sind. Der endgültige Aufteilungsmaßstab aufgrund fiktiver Veranlagungen ergibt ein Verhältnis von 1:1.

In die abschließende Aufteilung sind 1.000 EUR Vorauszahlung für das 3. Vierteljahr, 2.000 EUR Vorauszahlung für das 4. Vierteljahr und die Abschlusszahlung von 500 EUR, also insgesamt 3.500 EUR einzubeziehen. Bei der Aufteilung nach dem endgültigen Maßstab von 1:1 ergeben sich je 1.750 EUR. Da die Ehefrau auf diesen Betrag bereits 2.000 EUR gezahlt hat, steht ihr ein Erstattungsanspruch von 250 EUR zu. Der Ehemann hat auf seinen Anteil bisher nichts gezahlt, sodass gegen ihn wegen der vollen 1.750 EUR vollstreckt werden kann.

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 272 AO Rz. 3; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 272 AO Rz. 4; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 272 AO Rz. 4.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 272 AO Rz. 4.

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