1 Allgemeines

1.1 Inhalt und Bedeutung

 

Rz. 1

Entgegen seiner zu eng gefassten Überschrift legt § 272 AO nicht nur den Aufteilungsmaßstab für Vorauszahlungen fest, sondern regelt allgemein die Bedingungen für deren Aufteilung.

Abs. 1 betrifft den Fall, dass vor der Veranlagung über die Aufteilung der Vorauszahlungen entschieden wird. S. 1 legt den dafür geltenden Aufteilungsmaßstab fest. S. 2 erstreckt die Wirkungen des Aufteilungsantrags auf die weiteren im gleichen Veranlagungszeitraum fällig werden Vorauszahlungen und die Abschlusszahlung. S. 3 ordnet die Vornahme einer abschließenden Aufteilung nach Durchführung der Veranlagung an. S. 4 legt den Umfang der in die abschließende Aufteilung einzubeziehenden Beträge fest. S. 5 regelt, welche Zahlungen den Gesamtschuldnern dabei anzurechnen sind. S. 6 begründet einen Erstattungsanspruch für den Fall einer Überzahlung gegenüber dem Aufteilungsbetrag.

Abs. 2 legt den Aufteilungsmaßstab für den Fall fest, dass die Vorauszahlungen erst nach der Veranlagung aufgeteilt werden.

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

§ 272 AO regelt die Aufteilung von Vorauszahlungen, die gem. § 37 EStG auf die ESt zu entrichten sind. Während der Erhebungsdauer der VSt (d. h. für die Zeit bis 31.12.1996) galt die Vorschrift auch für die Aufteilung der gem. § 21 VStG darauf zu entrichtenden Vorauszahlungen. Keine Anwendung fand die Vorschrift demgegenüber auf die Aufteilung noch nicht fälliger Vierteljahresbeträge nach § 20 VStG, weil es sich dabei nicht um Vorauszahlungen auf eine später festzusetzende Steuer, sondern um Teilzahlungen auf eine bereits festgesetzte Steuer handelte.[1]

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 272 AO Rz. 3; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 272 AO Rz. 3; a. A. "aus Vereinfachungsgründen" Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 272 AO Rz. 2.

1.3 Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 3

§ 272 Abs. 1 S. 2 AO modifiziert das Antragserfordernis des § 268 AO für weitere im gleichen Zeitraum fällig werdende Vorauszahlungen und eine etwaige Abschlusszahlung. § 272 Abs. 1 S. 3 AO stellt insofern eine Sonderregelung gegenüber § 279 Abs. 1 S. 2 AO dar, als die abschließende Aufteilung der Vorauszahlungen nach Veranlagung auch dann zu erfolgen hat, wenn keine Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden. Die Regelung des § 276 Abs. 4 AO, wonach Säumniszuschläge zu der aufzuteilenden Steuer gehören, findet auch auf Vorauszahlungen Anwendung. Für die Anwendung des § 276 Abs. 3 AO ist kein Raum, weil diese Vorschrift auf die Aufteilung der endgültig festgesetzten Steuer zugeschnitten ist. Im Übrigen finden die allgemeinen Aufteilungsregeln auch auf die Aufteilung von Vorauszahlungen Anwendung.[1]

Der Erstattungsanspruch nach § 272 Abs. 1 S. 6 AO geht als spezialgesetzlich geregelter Sonderfall dem allgemeinen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO vor.[2]

[1] Z. B. § 269 Abs. 2 AO für die zeitlichen Grenzen des Aufteilungsantrags, § 273 AO für den Fall geänderter Festsetzungen, § 274 AO für einen gemeinschaftlich vorgeschlagenen Aufteilungsmaßstab, § 277 AO für die vorläufige Beschränkung der Vollstreckung.
[2] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 272 AO Rz. 4 Fn. 9.

2 Aufteilung der Vorauszahlungen vor Veranlagung (Abs. 1)

2.1 Vorläufige Aufteilung (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 4

Für die Aufteilung rückständiger Vorauszahlungen steht – abgesehen von dem in Abs. 2 geregelten Fall der Aufteilung erst nach der Veranlagung – noch kein endgültiger Aufteilungsmaßstab zur Verfügung, weil die Besteuerungsgrundlagen für das Jahr der Vorauszahlung noch nicht feststehen. Deswegen kann zunächst nur eine vorläufige Aufteilung durchgeführt werden.[1]

Nach § 272 Abs. 1 S. 1 AO erfolgt diese im Verhältnis der Beträge, "die sich bei einer getrennten Festsetzung der Vorauszahlungen ergeben würden". Entsprechend § 270 S. 2 AO sind die der Festsetzung der Vorauszahlungen zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen für deren Aufteilung bindend.[2]

 

Rz. 5

Grundlage der zusammen festgesetzten Vorauszahlungen ist regelmäßig die letzte Steuerfestsetzung. Die dieser Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen sind wie bei der Aufteilung nach den §§ 270 und 271 AO für die fiktive Steuerermittlung heranzuziehen.[3] Sind bei der Festsetzung der Vorauszahlungen wegen gesetzlicher Anordnung[4] oder aus anderen Gründen (z. B. wegen erheblicher Gewinnveränderungen, Wegfall zu berücksichtigender Kinder) gegenüber den Beträgen der letzten Veranlagung Abweichungen vorgenommen worden, so sind diese auch bei der Aufteilung zu berücksichtigen. Sie sind den einzelnen Gesamtschuldnern wie bei der Aufteilung der Steuer selbst zuzuordnen und bei der fiktiven Ermittlung zu berücksichtigen. Selbstständige Korrekturen im Rahmen der Aufteilung sind nicht zulässig. Diese müssen der späteren endgültigen Aufteilung vorbehalten bleiben.

Auch die gem. § 37 Abs. 3 S. 2 EStG zu berücksichtigenden Steuerabzugsbeträge richten sich nach den bei der Festsetzung der Vorauszahlungen zugrunde gelegten Beträgen. Das Gleiche gilt für den anzuwendenden Steuertarif. Hat sich dieser gegenüber dem Zeitraum der letzten Steuerfestsetzung geändert, ohne dass dem bei der Festsetzung der Vorauszahlungen Rechnung getragen wurde, bleibt der bisherige Steuertarif auch für ...

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