Rz. 6

Nach § 272 Abs. 1 S. 2 AO gilt ein Antrag auf Aufteilung von Vorauszahlungen "zugleich als Antrag auf Aufteilung der weiteren im gleichen Veranlagungszeitraum fällig werdenden Vorauszahlungen und einer etwaigen Abschlusszahlung". Damit soll verhindert werden, dass zwischen der Aufteilung der rückständigen Vorauszahlungen und der endgültigen Aufteilung nach der Veranlagung eine Lücke in der Aufteilung entsteht.[1] Obwohl die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur die Fiktion einer Antragstellung enthält, ist ihr daher zugleich die Anordnung zu entnehmen, dass im Anschluss an die Aufteilung der rückständigen Vorauszahlungen auch die weiteren Vorauszahlungen und eine eventuelle Abschlusszahlung aufzuteilen sind. Die Aufteilung der weiteren Vorauszahlungen und der Abschlusszahlung setzt – abweichend von den sonstigen Aufteilungsfällen – nicht voraus, dass die aufzuteilenden Beträge rückständig sind. Die Aufteilung wirkt daher – bei den weiteren Vorauszahlungen – u. U. erheblich in die Zukunft.

 

Rz. 7

Die Zusammenfassung der weiteren Vorauszahlungen und der Abschlusszahlung mit der Vorauszahlung, auf die sich der Antrag bezieht, hat keine Auswirkung auf den Maßstab, der bei den einzelnen Aufteilungen anzuwenden ist. Für die weiteren Vorauszahlungen gilt daher § 272 Abs. 1 S. 1 AO über die vorläufige Aufteilung. Für die Abschlusszahlung, die stets erst nach der Veranlagung fällig wird, ist nach § 272 Abs. 2 AO der endgültige Maßstab gültig. Diese Abschlusszahlung wird auch immer erst im Rahmen der abschließenden Aufteilung nach § 272 Abs. 1 S. 3 AO aufgeteilt.

 

Rz. 8

Die Regelung, dass der Antrag auf Aufteilung von Vorauszahlungen zugleich als Antrag auf Aufteilung der weiteren "im" gleichen Veranlagungszeitraum fällig werdenden Vorauszahlungen gilt, wirft im Zusammenhang mit der sog. Anpassungsvorauszahlung gem. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG Probleme auf. Nach dieser Vorschrift kann das FA bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 15. Kalendermonats die Vorauszahlungen an die ESt anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird. Wird die Anpassungsvorauszahlung erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums fällig, für den eine Aufteilung von Vorauszahlungen beantragt wurde, wäre sie nach dem Wortlaut des § 272 Abs. 1 S. 2 AO nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil sie zwar für den, aber nicht "im" gleichen Veranlagungszeitraum wie die früher aufgeteilten Vorauszahlungen fällig geworden ist. Zugleich hätte ein erstmals für die Anpassungsvorauszahlung gestellter Aufteilungsantrag zur Folge, dass sich die Aufteilungspflicht auf die weiteren Vorauszahlungen erstrecken würde, die in diesem Veranlagungszeitraum fällig werden.

 
Praxis-Beispiel

Das FA setzt im Juli 2023 für den Veranlagungszeitraum 2022 eine ESt-Anpassungsvorauszahlung fest, die im August 2023 fällig wird. War bereits für frühere Vorauszahlungen des Jahrs 2022 ein Aufteilungsantrag gestellt worden, fiele die Anpassungsvorauszahlung nicht unter die Aufteilungspflicht, weil sie nicht "im" gleichen Veranlagungszeitraum wie die früheren Vorauszahlungen fällig geworden ist. Damit entstünde zwischen den bereits aufgeteilten Vorauszahlungen des Veranlagungszeitraums 2022 und der ebenfalls aufzuteilenden Abschlusszahlung für dieses Jahr eine Aufteilungslücke. Demgegenüber hätte die erstmalige Stellung eines Aufteilungsantrags für die Anpassungsvorauszahlung nach dem Gesetzeswortlaut zur Folge, dass auch die Vorauszahlungen für das 3. und 4. Quartal 2023 und die sich für diesen Veranlagungszeitraum eventuell ergebende Abschlusszahlung aufzuteilen wären. Dies hätte eine veranlagungszeitraumübergreifende Aufteilung von Vorauszahlungen zur Folge, die mit der Systematik des § 272 Abs. 1 S. 3 AO nicht in Einklang zu bringen wäre.

U. E. lassen sich diese Probleme nur durch eine berichtigende Auslegung des Abs. 1 S. 2 vermeiden, die die in Abs. 1 S. 2 angeordnete Aufteilungspflicht auf alle weiteren "für" diesen Veranlagungszeitraum fällig werdenden Vorauszahlungen bezieht.[2] Für den Beispielsfall bedeutet dies, dass sich ein Aufteilungsantrag für im Jahr 2022 fällig gewordene Vorauszahlungen dieses Jahres auch auf die im Jahr 2023 fällig gewordene Anpassungsvorauszahlung für 2022 erstreckt, während ein erstmals für die Anpassungsvorauszahlung gestellter Antrag die später fällig werdenden Vorauszahlungen für das Jahr 2023 unberührt lässt.

[1] Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 272 AO Rz. 3.
[2] Ebenso Koenig/Zöllner, AO, 4. Aufl. 2021, § 272 Rz. 3; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 272 AO Rz. 2; a. A. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 272 AO Rz. 3; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 272 AO Rz. 3.

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