6.6.1 Einspruchsverfahren

 

Rz. 62

Die "Aufforderung zur Abgabe der Vermögensauskunft" umfasst die zwei Verpflichtungen des Vollstreckungsschuldners, ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und die Richtigkeit desselben zu Protokoll an Eides statt zu versichern. Sie sind trotz der gesetzlichen Regelung in unterschiedlichen Absätzen des § 284 AO als Regelungseinheit anzusehen. Diese "Aufforderung zur Abgabe der Vermögensauskunft" ist als selbstständiger Verwaltungsakt im Vollstreckungsverfahren der Finanzbehörde[1] mit dem Einspruch anfechtbar.[2] Die Einspruchsfrist[3] beginnt mit der Zustellung an den Vollstreckungsschuldner, auch wenn ein Bevollmächtigter bestellt sein sollte.[4] Dies gilt aufgrund der "Einheitlichkeit" nicht für die erneute Terminladung nach Eintritt der Bestandskraft der Aufforderung oder nach rechtskräftigem Abschluss eines Rechtsstreits über die Aufforderung zur EV.[5] Eine erneute Ladung aktualisiert lediglich den ursprünglichen Termin, verschafft aber der Ladung keinen über die bloße Wiederholung des bisherigen hinausgehenden Regelungsgehalts und damit keine erneute Anfechtbarkeit.

 

Rz. 63

Im Übrigen ist der Vollstreckungsschuldner auch nach Bestands- oder Rechtskraft der Aufforderung nicht gehindert, einen Antrag auf Aufhebung der Aufforderung nach § 131 Abs. 1 AO zu stellen.[6]

6.6.2 Aussetzung der Vollziehung

 

Rz. 64

Wegen der möglichen wirtschaftlichen Folgen der Aufnahme in das Schuldnerverzeichnis ist der vorläufige Rechtsschutz von besonderer Bedeutung. Als vollziehbarer Verwaltungsakt erfolgt der vorläufige Rechtsschutz nur durch die Aussetzung der Vollziehung.[1] Dieses gilt grundsätzlich auch für die Aufforderung zur Abgabe der Vermögensauskunft. Allein die Möglichkeit einer Aufforderung gab nach dem alten Recht keinen Anordnungsgrund für eine vorbeugende einstweilige Anordnung nach § 114 FGO gegen die Finanzbehörde.[2] Dies wird nunmehr anders zu sehen sein, da der Einspruch gem. § 284 Abs. 6 S. 3 AO keine aufschiebende Wirkung mehr hat.[3]

 

Rz. 65

Wie auch sonst regelmäßig im Steuerrecht hat ein Einspruch oder die Klage keinen Suspensiveffekt mehr. Entgegen der alten Rechtslage hat deshalb allein die Einspruchseinlegung mit Einspruchsbegründung keine aufschiebende Wirkung und hindert nach § 284 Abs. 6 S. 2 AO die Abnahme der Vermögensauskunft. Die aufschiebende Wirkung nach dem alten Recht bezog sich sowohl auf die Verpflichtung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses als auch auf die Verpflichtung zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung, da beide Pflichten miteinander verbunden sind.[4]

 

Rz. 66

Für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO bzw. § 69 FGO fehlte früher demgemäß regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.[5] Nur soweit die Regelung des § 284 Abs. 6 S. 2 AO a. F. nicht eingriff und die Aufforderung zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung vollziehbar war, bestand ein Rechtsschutzbedürfnis für einen AdV-Antrag, wenn z. B. die Finanzbehörde die aufschiebende Wirkung des Einspruchs bestritt oder unberücksichtigt ließ, indem sie z. B. vor Ablauf der Einspruchsfrist einen Verhandlungstermin ansetzte oder um Anordnung der Haft ersuchte.[6]

 

Rz. 67

Da jetzt § 286 Abs. 6 S. 3 AO ausdrücklich bestimmt, dass der Einspruch keine aufschiebende Wirkung hat, ist nunmehr ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zwingend zu stellen. Zu beachten ist, dass es nunmehr nicht mehr so einfach sein dürfte, die Abgabe der Vermögensauskunft in die Länge zu ziehen, Dies dürfte aus Verwaltungssicht sicherlich begrüßt werden, zu verkennen ist indes nicht, dass wiederum das Kräfteverhältnis im Besteuerungsverfahren zugunsten der Verwaltung verschoben wird.

[1] Gehm, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 361 AO Rz. 2.
[2] FG München v. 28.12.1999, 13 V 4589/98, n. v., Haufe-Index 509478.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 284 AO Rz. 30; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 284 AO Rz. 42.
[6] BFH v. 25.11.1997, VII B 186/97, BStBl II 1998, 227; auch Niedersächsisches FG v. 12.7.2001, 15 V 140/01, EFG 2001, 1411.

6.6.3 Finanzgerichtliches Verfahren

 

Rz. 68

Gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung ist die Anfechtungsklage nach § 40 Abs. 1 FGO[1] gegeben. Die Überprüfung der Ermessensausübung im finanzgerichtlichen Verfahren kann nur im Rahmen des § 102 FGO erfolgen. Die finanzgerichtliche Kontrolle ist dahin gehend eingeschränkt, ob die Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses im konkreten Einzelfall sich als Ermessensüberschreitung oder -fehlgebrauch darstellt.[2] Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen erforderlichenfalls auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzen[3], sofern dadurch die Ermessensausübung keine grundlegende Ä...

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