Rz. 3
§ 29a AO fügt sich als Teil des Dritten Abschnitts des Ersten Teils der AO final in die Regelungen zur Zuständigkeit ein. Die Regelung soll ermöglichen, jederzeit und kurzfristig auch ohne dienstrechtliche und personalvertretungsrechtliche Implikationen und ohne dauerhafte Zuständigkeitsübertragungen, die Mitarbeiter eines FA an ihren vorhandenen Arbeitsplätzen Veranlagungsarbeiten oder andere Tätigkeiten im Besteuerungsverfahren auch für ein anderes FA rechtswirksam durchführen zu lassen. Dabei dient die Norm nicht dazu, die Zuständigkeit zu bestimmen, sondern dazu, das originär zuständige FA zu entlasten. Sie ist also im eigentlichen Sinne keine Zuständigkeitsregelung und somit systematisch ein Fremdkörper im Dritten Abschnitt des Ersten Teils der AO, der mit "Zuständigkeit der Finanzbehörden" überschrieben ist.
Rz. 4
Anders als in § 27 AO hat der Gesetzgeber in § 29a AO keine Zustimmungserfordernisse geschaffen. Dies ist auch konsequent. Während in den Fällen der Zuständigkeitsvereinbarung die örtliche Zuständigkeit von einem FA auf das andere übergeht, sieht § 29a AO einen Zuständigkeitswechsel nicht vor. Das nach den Vorschriften der §§ 17ff. AO örtlich zuständige FA bleibt weiterhin (allein) zuständig. Das "entlastende" FA übernimmt nur einen Teil der Arbeit. Diese wird aber im Namen und im Auftrag des weiterhin (originär) zuständigen FA erfüllt. Es bleibt bei der Verantwortlichkeit des "unterstützten FA".
Rz. 5
Für die Stpfl. kann die Flexibilisierung der Arbeitserledigung zu verkürzten Wartezeiten auf die Bearbeitung der Steuererklärung und damit auf den Erhalt des Steuerbescheids führen, soweit die verzögerte Bearbeitung auf verwaltungsinternen Organisationsschwierigkeiten beruht.
Rz. 6
Gleichzeitig wird es für die Stpfl. und für die Angehörigen der steuerberatenden Berufe aber schwieriger, sich ihrerseits mit dem zuständigen Bearbeiter zum Zwecke der Abstimmung von Unklarheiten in Verbindung zu setzen.
Auch die Kontaktaufnahme mit dem oder durch die Bediensteten des "übernehmenden" FA kann im Einzelfall erschwert sein. Dies ergibt sich auch daraus, dass es zunächst einiger Erläuterungen der Verfahrenssituation bedarf und dass der "vertraute Bearbeiter" fehlt.
Darüber hinaus können sich auch Erschwernisse durch die räumliche Entfernung ergeben.
Rz. 7
Dabei fehlt es dem Bearbeiter auch an der persönlichen Einzelfallkenntnis aus den vergangenen Jahren. Dies ist aber zugleich auch typisches Merkmal der veränderten Bearbeitungsstruktur in den FÄ.
Rz. 8
Der betroffene Stpfl. ist, wie sich aus der Begründung des Gesetzes ergibt, nur bei Bedarf über eine Anordnung nach § 29a AO zu informieren. Dieses Erfordernis besteht aber jedenfalls dann, wenn aufseiten der Verwaltung oder des Stpfl. Rückfragebedarf besteht. Entsprechend den allgemeinen zivilrechtlichen Vertretungsregeln dürfte das Offenkundigkeitsprinzip aber erfordern, dass der Stpfl. zumindest Kenntnis von der Unterstützung durch das damit beauftragte FA in seinem Steuerfall erhält. Dafür ist es ausreichend, wenn sich zuvor kein gesonderter Informationsbedarf des Stpfl. ergibt, dass der Steuerbescheid oder sonstige VA einen Hinweis auf die Bearbeitung des Steuerfalls durch das unterstützende FA enthält.