6.4.1 Weiterverarbeitung nach § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 5 oder 6 AO
Rz. 52a
Die von der Finanzverwaltung für die Durchführung der Besteuerung im Einzelfall erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nach § 29c AO auch für bestimmte andere Zwecke weiterverarbeitet werden. Die einem Amtsträger in diesem Rahmen offengelegten Daten werden ihm nicht im Rahmen eines Verfahrens nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b AO bekannt. Eine umfassende Nutzung einer Vielzahl von Daten etwa zur Entwicklung oder Weiterentwicklung von steuerbezogenen IT-Verfahren, also zu Zwecken, die nicht auf den konkreten Inhalt der Daten bezogen sind, ist darüber hinaus auch im weitesten Sinne nicht unter den "Mitteilungsbegriff" subsumierbar. Es bedurfte deshalb einer klaren Regelung zum Schutz dieser Daten. Mit der Tatbestandserweiterung im Regelungsbereich des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO auf die Nutzung der der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Daten zur Weiterverarbeitung nach § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 5 oder 6 AO durch das Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften unterliegen diese Daten nunmehr auch im Rahmen und nach der Verarbeitung weiterhin dem verfahrensrechtlichen Steuergeheimnis.
Rz. 52b
Diese Regelung sollte nach der Gesetzesbegründung der Rechtsklarheit dienen, also deklaratorisch wirken. Problematisch ist hier aber jedenfalls, dass die Gesetzesfassung zwar in § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO angepasst und der verfahrensrechtliche Schutzbereich des Steuergeheimnisses entsprechend erweiternd geregelt wurde, dass diese Änderung aber nicht in § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB nachvollzogen wurde. Hier wird man insbesondere auch wegen des Grundsatzes nulla poena sine lege eine analoge Übertragung in die Strafrechtsnorm entsprechend der Gesetzesbegründung zur AO-Regelung nicht vertretbar vornehmen können. Vielmehr ist gerade wegen der Neufassung des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO und der Beibehaltung des einschränkenden Wortlauts in § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB von einem eingeschränkteren Schutzbereich der Strafrechtsnorm auszugehen.
Der Gesetzgeber sollte sich gehalten sehen, hier schnellstmöglich eine Anpassung der Strafrechtsnorm an die verfahrensrechtliche Regelung vorzunehmen.
6.4.2 Anderer dienstlicher Anlass
6.4.2.1 Mitteilung einer Finanzbehörde
Rz. 53
Finanzbehörden sind in zahlreichen Fällen verpflichtet und befugt (vgl. dazu Rz. 91 bis 95), aus nichtsteuerlichen Gründen anderen Behörden und Stellen über solche Daten Mitteilungen zu machen, die an sich dem Steuergeheimnis unterliegen. Zu den von § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO umfassten Informationen gehören z. B. die Mitteilungen nach §§ 31 bis 31b AO sowie nach § 21 Abs. 4 SGB X, aber auch zahlreiche andere nach den in Rz. 91 bis 95 aufgezählten Gesetzen erteilte Mitteilungen.
Als Ausgleich wird der Schutzbereich des Steuergeheimnisses in Form eines verlängerten Steuergeheimnisses auf die Empfänger dieser Mitteilungen ausgedehnt. Die Amtsträger oder gleichgestellten Personen bei den empfangenden Stellen, nicht dagegen andere Personen, werden insoweit über § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO dem Steuergeheimnis unterworfen, obwohl die Informationen ihnen nicht in einem Verfahren nach Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b zugegangen sind.
6.4.2.2 Gesetzlich vorgeschriebene Vorlage von Bescheiden und Bescheinigungen
Rz. 54
Den Mitteilungen einer Finanzbehörde sind die Fälle gleichgestellt, in denen Stpfl. einer anderen Behörde oder Stelle aufgrund gesetzlicher Vorschriften einen Steuerbescheid oder eine Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen vorzulegen haben.
Hingegen gilt der Geheimnisschutz nicht, wenn der Stpfl. einen Steuerbescheid oder eine steuerliche Bescheinigung (z. B. Unbedenklichkeitsbescheinigung) ohne gesetzliche Verpflichtung, wenn auch auf Anforderung einer anderen Behörde, vorlegt.
6.4.2.3 Sonstiger dienstlicher Anlass
Rz. 54a
Der Gesetzgeber hat mit der gesetzlichen Neufassung des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO durch das Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften die abschließende Regelung anderer Anlässe in eine Beispielsregelung gewandelt und auch weitere – ausdrücklich dienstliche – Anlässe unter die Regelung gefasst. Damit hat er insbesondere die Fälle legislativ erfasst, deren Subsumtion unter § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO nach der Vorgängerregelung nicht rechtssicher möglich war. Die Fälle klarer dienstlicher Veranlassung sind damit zukünftig so geregelt, dass nicht nur die Weitergabe der Daten zulässig ist, sondern die geschützten Daten auch bei dem Amtsträger, der die Information erhält, dem verfahrensrechtlichen Steuergeheimnis unterliegen. Damit geht also auch in diesen Fällen ein umfassender Schutz des verfahrensrechtlichen Steuergeheimnisses einher.
Rz. 54b
Nicht unter die Mitteilungen einer Finanzbehörde fallen etwa zulässige Datenweitergaben innerhalb der Finanzbehörden. Ist die...