1 Allgemeines
Rz. 1
Vorgängerbestimmung war § 361 S. 2 RAO. Die entsprechenden Bestimmungen für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht sind §§ 829 und 835 ZPO. Auf § 835 Abs. 3 S. 2 und § 900 Abs. 1 ZPO wird in § 314 Abs. 3 AO ausdrücklich verwiesen. Der Verweis wurde mit Wirkung ab 1.12.2021 durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfändungsschutzkontos angepasst. Ergänzende Ausführungen zur Pfändung und Einziehung einer Geldforderung finden sich in Abschn. 41ff. VollstrA. Der Sinn und Zweck des § 314 AO besteht darin, dass das Verfahren der Einziehung als wesentlicher Bestandteil der Verwertung einer gepfändeten Forderung normiert wird. Die Vollstreckung in Forderungen erfolgt durch Pfändung. Hieran schließt sich als selbstständiger Abschnitt des Vollstreckungsverfahrens die Pfandverwertung an. Die Verwertung der gepfändeten Forderung erfolgt sodann durch Einziehung oder in anderer Weise.
2 Einziehungsverfügung
2.1 Rechtsnatur
Rz. 2
Aus der Pfändung allein ergibt sich noch nicht die Befugnis der Vollstreckungsbehörde, die Forderung einziehen zu dürfen. Die Rechtsgrundlage für eine entsprechende Anordnung der Einziehung wird erst durch § 314 Abs. 1 AO geschaffen. Die Einziehungsverfügung ist dabei ein selbstständiger Verwaltungsakt im Vollstreckungsverfahren. Sie entspricht dem gerichtlichen Beschluss der Überweisung der Forderung an den Gläubiger zum Zweck der Einziehung nach § 835 ZPO für das zivilprozessuale Vollstreckungsverfahren. Die Einziehungsverfügung kann dabei mit der Pfändungsverfügung verbunden werden, dies muss aber nicht geschehen. Die Finanzverwaltung geht allerdings davon aus, dass die Verbindung regelmäßig erfolgen soll. Durch die Verbindung mit der Pfändungsverfügung verliert die Einziehungsverfügung aber nicht ihre rechtliche Selbstständigkeit.
2.2 Inhalt
Rz. 3
Die Einziehungsverfügung muss die konkrete Aussage enthalten, dass die Einziehung der gepfändeten Forderung angeordnet ist. Der allgemeine Hinweis, dass die Vollstreckungsbehörde die Forderung einziehen könne, ist unzureichend. Zudem soll die Aufforderung an den Drittschuldner enthalten sein, in Höhe des geschuldeten Betrags bei Eintritt der Fälligkeit an die Finanzkasse zu zahlen. Die Angabe des Betrags ist eine zulässige Durchbrechung des Steuergeheimnisses. Nicht genannt werden darf hingegen der Grund, weswegen der Vollstreckungsschuldner schuldet, da diese Angabe nach § 30 AO vom Steuergeheimnis geschützt ist.
2.3 Form und Bekanntgabe
Rz. 4
Wie jeder Verwaltungsakt wird die Einziehungsverfügung erst mit der Bekanntgabe wirksam. Soweit die Einziehungsverfügung nicht zweckmäßigerweise mit der Pfändungsverfügung verbunden ist (s. Rz. 2), hat sie in Schriftform zu erfolgen. Dabei tritt erst mit der Zustellung an den Drittschuldner die Wirksamkeit ein. Der Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange er nicht aufgehoben worden ist.
2.4 Wirkung
Rz. 5
Die Einziehungsverfügung berechtigt die Vollstreckungsbehörde zur Geltendmachung der gepfändeten Forderung. Sie wird aber nicht deren Inhaberin, sondern kann nur in eigenem Namen die Auszahlung der gepfändeten Forderung verlangen. Durch die Einziehung verändert sich der Rechtscharakter der Forderung nicht.
3 Verzögerung der Einziehungswirkung
3.1 Grundlagen
Rz. 6
Im Geschäftsverkehr erfolgen Zahlungen überwiegend bargeldlos über Konten der Kreditinstitute. Dies gilt insbesondere auch für Gehalts- oder Lohnzahlungen. Nach § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO, der durch die Verweisung in § 314 Abs. 3 AO auch für das Vollstreckungsrecht nach der AO gilt, darf das Kreditinstitut aus dem gepfändeten Guthaben erst 4 Wochen nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses (s. Rz. 4) leisten. Diese zeitliche Verzögerung der Leistungspflicht erweiter...