Rz. 8
Die Einziehungsverfügung begründet gegenüber der Vollstreckungsbehörde für den Vollstreckungsschuldner verschiedene Nebenpflichten. Diese Pflichten entstehen mit der Zustellung der Einziehungsverfügung an den Drittschuldner. Voraussetzung ist stets eine wirksame Pfändung. Die Nebenpflichten gelten nach ihrer Stellung im Gesetz nur für die Verwertung von gepfändeten Forderungen. Eine analoge Anwendung auf die Sachpfändung scheidet aus.
4.1 Pflicht zur Auskunftserteilung
Rz. 9
Nach § 315 Abs. 2 S. 1 AO ist der Vollstreckungsschuldner verpflichtet, die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen. Nötig ist eine Auskunft insbesondere dann, wenn andernfalls die Einziehung der Forderung ausgeschlossen oder gravierend behindert wird."Nötig" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich vollen Umfangs nachprüfbar ist. Was nötig ist, ist Frage des jeweiligen Einzelfalls. Diese Auskunftspflicht – entsprechend § 402 BGB – erstreckt sich auf alle Tatsachen, die der Vollstreckungsschuldner braucht, um die Forderung geltend zu machen, auch auf nachträglich eingetretene Umstände. Im Zusammenhang mit der Erklärungspflicht des Drittschuldners nach § 316 AO kann sich damit die Vollstreckungsbehörde die erforderlichen Informationen über das Bestehen der Forderung und ihre Durchsetzbarkeit beschaffen. Allerdings braucht etwa der Vollstreckungsschuldner nicht seine persönliche Geheimzahl mitzuteilen, da dies zu einem unbeschränkten Zugriff auf das Konto führen würde.
Rz. 10
Bei einer juristischen Person als Vollstreckungsschuldner trifft die Verpflichtung zur Auskunftserteilung deren gesetzliche Vertreter. Gleiches gilt für sonstige gesetzliche Vertreter oder Vermögensverwalter nach §§ 34, 35 AO.
Rz. 11
Die Erfüllung dieser Pflicht kann die Vollstreckungsbehörde nach §§ 328ff. AO erzwingen. Sie kann aber, wenn der Vollstreckungsschuldner die nötige Auskunft nicht freiwillig erteilt, stattdessen vom Vollstreckungsschuldner auch verlangen, dass er die Auskunft zu Protokoll erklärt und seine Angaben an Eides statt versichert. Die Vollstreckungsbehörde kann die eidesstattliche Versicherung entsprechend dem Inhalt der Auskunft modifizieren. Für das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft (vormals Eidesstattlichen Versicherung) gelten die Regelungen des § 284 AO sinngemäß. In § 315 Abs. 2 S. 4 AO wird auf die Anwendung von § 284 Abs. 5, 6, 8 und 9 AO verwiesen.
4.2 Pflicht zur Herausgabe von Urkunden
Rz. 12
Nach § 315 Abs. 2 S. 1 AO ist der Vollstreckungsschuldner zudem verpflichtet, die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Dies erfordert ggf. die Übersendung durch den Vollstreckungsschuldner auf eigene Kosten. Urkunden i. d. S. sind alle schriftlichen Unterlagen und sonstigen Beweismittel, die bei der Geltendmachung der Forderung nützlich sein können. Hierzu zählen z. B. die Korrespondenz, Vertragsausfertigungen, Schuldscheine, Sparkassenbücher, Pfandscheine, Hypotheken-, Grund- oder Rentenschuldbriefe, Kraftfahrzeugbriefe.
Rz. 13
Gibt der Vollstreckungsschuldner diese Urkunden nicht freiwillig heraus, so kann die Pflichterfüllung grundsätzlich nach §§ 328ff. AO erzwungen werden, soweit der Papierbesitz zur Geltendmachung der Forderung "nötig" ist. Statt der Durchführung eines Erzwingungsverfahrens können die Urkunden auch durch den Vollziehungsbeamten im Weg der "Hilfspfändung" – ggf. schon vor Erlass der Pfändungsverfügung – weggenommen werden. Da dies i. d. R. der einfachere Weg sein wird, kommt die Anwendung von Zwangsmitteln nur ausnahmsweise in Betracht.
Rz. 14
Werden beim Versuch der "Hilfspfändung" die Urkunden beim Vollstreckungsschuldner nicht vorgefunden, so hat dieser nach § 315 Abs. 3 AO auf Verlangen der Vollstreckungsbehörde über deren Verbleib eine Vermögensauskunft (ehemals Versicherung an Eides statt) abzugeben. Inhalt dieser Vermögensauskunft ist grundsätzlich die Erklärung des Vollstreckungsschuldners, dass er die Urkunden nicht besitze und auch keine Kenntnis habe, wo sich diese befinden. Der Inhalt dieser Vermögensauskunft kann sich nach Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 S. 3 entsprechend dem Sachstand ändern. Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 284 Abs. 5, 6 und 8 AO sinngemäß. Durch das ZKAnpassungsG wur...