Rz. 9

Nach § 315 Abs. 2 S. 1 AO ist der Vollstreckungsschuldner verpflichtet, die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen.[1] Nötig ist eine Auskunft insbesondere dann, wenn andernfalls die Einziehung der Forderung ausgeschlossen oder gravierend behindert wird.[2]"Nötig" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich vollen Umfangs nachprüfbar ist. Was nötig ist, ist Frage des jeweiligen Einzelfalls. Diese Auskunftspflicht – entsprechend § 402 BGB – erstreckt sich auf alle Tatsachen, die der Vollstreckungsschuldner braucht, um die Forderung geltend zu machen, auch auf nachträglich eingetretene Umstände.[3] Im Zusammenhang mit der Erklärungspflicht des Drittschuldners nach § 316 AO kann sich damit die Vollstreckungsbehörde die erforderlichen Informationen über das Bestehen der Forderung und ihre Durchsetzbarkeit beschaffen. Allerdings braucht etwa der Vollstreckungsschuldner nicht seine persönliche Geheimzahl mitzuteilen, da dies zu einem unbeschränkten Zugriff auf das Konto führen würde.[4]

 

Rz. 10

Bei einer juristischen Person als Vollstreckungsschuldner trifft die Verpflichtung zur Auskunftserteilung deren gesetzliche Vertreter. Gleiches gilt für sonstige gesetzliche Vertreter oder Vermögensverwalter nach §§ 34, 35 AO.[5]

 

Rz. 11

Die Erfüllung dieser Pflicht kann die Vollstreckungsbehörde nach §§ 328ff. AO erzwingen.[6] Sie kann aber, wenn der Vollstreckungsschuldner die nötige Auskunft nicht freiwillig erteilt, stattdessen[7] vom Vollstreckungsschuldner auch verlangen, dass er die Auskunft zu Protokoll erklärt und seine Angaben an Eides statt versichert. Die Vollstreckungsbehörde kann die eidesstattliche Versicherung entsprechend dem Inhalt der Auskunft modifizieren.[8] Für das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft (vormals Eidesstattlichen Versicherung) gelten die Regelungen des § 284 AO sinngemäß. In § 315 Abs. 2 S. 4 AO wird auf die Anwendung von § 284 Abs. 5, 6, 8 und 9 AO verwiesen.[9]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 315 AO Rz. 14ff.; Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 315 AO Rz. 31ff.
[2] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 315 Rz. 5; Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 315 AO Rz. 36.
[3] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 315 AO Rz. 35f.
[4] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 836 ZPO Rz. 13, Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 315 AO Rz. 16; Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 315 AO Rz. 39.
[5] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 315 AO Rz. 32.
[6] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 315 AO Rz. 20; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 315 Rz. 6.
[7] S. entspr. § 284 AO Rz. 2.
[8] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 315 AO Rz. 45.
[9] S. Erl. zu § 284 AO.

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