Rz. 2
Im Gegensatz zu anderen Forderungsarten sind Forderungen aus dem Arbeitseinkommen nur beschränkt pfändbar. § 850 Abs. 1 ZPO, auf den § 319 AO verweist, bestimmt, dass Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850l ZPO gepfändet werden kann. Zweck dieser Regelung ist es, dem Schuldner und seiner Familie die notwendigen Mittel für den Lebensunterhalt zu belassen. Diese sozialpolitische Schutzvorschrift bewahrt den Schuldner vor einer Kahlpfändung und den Fiskus vor der Zahlung von Sozialleistungen. Die Pfändungsbeschränkungen sind deshalb auch im öffentlichen Interesse.
2.1 Begriff des Arbeitseinkommens (§ 850 Abs. 2, 3, 4 ZPO)
Rz. 3
§ 850 Abs. 2, 3, 4 ZPO definiert, was unter dem Begriff des Arbeitseinkommens zu verstehen ist. Dies sind nach § 850 Abs. 2 ZPO alle Bezüge in Geld aus einem jetzigen, früheren oder zukünftigen Arbeits- oder Dienstverhältnis im weitesten Sinn. Ohne Bedeutung ist, ob die Einkünfte aus einem privaten oder öffentlichen Dienstverhältnis hervorgehen, ob sie geistige oder körperliche Arbeit betreffen und wie lange das Arbeits- oder Dienstverhältnis andauert. Ebenfalls ist kein wirksamer Arbeits- oder Dienstvertrag notwendig. Auch das Entgelt für verbotene oder sittenwidrige Arbeit fällt hierunter. Deswegen unterfallen etwa auch Entgelte aus Schwarzarbeit der Bestimmung.
Rz. 4
Laut ausdrücklicher Aufzählung in § 850 Abs. 2 ZPO gehören zum Arbeitseinkommen die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, die Arbeits- und Dienstlöhne, die Ruhegelder u. Ä. sowie Hinterbliebenenbezüge. Unter den Begriff des Arbeitseinkommens fallen z. B. aber auch Bezüge eines Vorstandsmitglieds einer AG, die Ansprüche eines Kassenarztes, Sozial- und Kündigungsabfindungen, fortgezahlte Bezüge bei Krankheit oder Urlaub, Familienzulagen, Kinderzuschläge, Ortszuschläge, Wehrsold, Ansprüche der Handelsvertreter auf Provision, Streikunterstützung durch die Gewerkschaft, Weihnachtsgeld, fortlaufend gezahlter Werklohn und das Bedienungsgeld des Kellners. Gemäß § 850 Abs. 3 ZPO gehören zum Arbeitseinkommen weiterhin Karenzentschädigungen für die pflichtgemäß unterlassene Wettbewerbstätigkeit eines Arbeitnehmers sowie Versicherungsrenten, die auf einem Versicherungsvertrag beruhen und die ein Ruhegehalt oder die Hinterbliebenenversorgung ersetzen oder ergänzen.
Rz. 5
Nicht erfasst vom Begriff des Arbeitseinkommens werden hingegen z. B. einmalige Kapitalleistungen aus einer Kapitallebensversicherung, das Eigengeld des Häftlings, Kindergeld, der Anspruch auf Erstattung überbezahlter LSt, Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, Gebühren der Rechtsanwälte und Steuerberater, Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Arbeitnehmersparzulagen sowie Trinkgelder des Kellners. Renten für früher freiberuflich oder gar nicht Berufstätige werden ebenso wie einmalige Kapitalzahlungen von § 850 Abs. 3 ZPO nicht erfasst.
Rz. 6
§ 850 Abs. 4 ZPO bestimmt, dass die Pfändung des Arbeitseinkommens alle Einkommensbestandteile unabhängig von ihrer Benennung (Lohn, Gehalt, Provision, Zulagen, Diäten, Gagen etc.) und Berechnungsart (Monatsgehalt, Stücklohn, Akkordlohn etc.) erfasst.
2.2 Unpfändbare Bezüge (§ 850a ZPO)
Rz. 7
§ 850a ZPO zählt Arten von Arbeitseinkommen auf, die grundsätzlich der Pfändung entzogen sind, also normalerweise unbedingt unpfändbar sind. Diese können weder selbstständig gepfändet werden noch sind sie bei der Berechnung des gepfändeten Einkommens nach § 850e ZPO zu berücksichtigen. Nur die unter Nr. 1, 2 und 4 der Norm aufgezählten Bezüge unterliegen für Unterhaltstitel gem. § 850d ZPO ausnahmsweise der Pfändung. § 850a ZPO enthält keine abschließende Aufzählung der unpfändbaren Bezüge, da auch in anderen gesetzlichen Bestimmungen unpfändbare Bezüge bestimmt werden. Die Norm darf aber gleichzeitig auch nicht extensiv ausgelegt werden.