2.3.2.1 Ermessen
Rz. 12
Die Anordnung des Arrests liegt nach § 324 Abs. 1 S. 1 AO, auch wenn ein Arrestanspruch und ein Arrestgrund gegeben sind, im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Das Entschließungsermessen bedarf jedoch in der Arrestanordnung keiner besonderen Begründung.
Sind mehrere Schuldner für den Arrestanspruch vorhanden, so bedarf es einer Darstellung des Auswahlermessens nur dann, wenn die Anordnung nicht gegen alle erfolgen soll, die die Voraussetzungen des § 324 AO erfüllen.
2.3.2.2 Feststellung der Voraussetzungen
Rz. 13
Die Ermessensausübung erfordert die Feststellung der Tatsachen, die zur Begründung des Arrestanspruchs und des Arrestgrunds dienen. Fraglich ist hier, mit welchem Sicherheitsgrad diese Feststellung getroffen sein muss. Obgleich die Arrestanordnung eine besondere Form der Steuerfestsetzung ist, müssen die anspruchsbegründeten Tatsachen nicht in dem Sinne bewiesen werden, dass für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit besteht, dass er praktisch der Gewissheit gleichkommt. Für den Arrest nach der ZPO lässt § 920 Abs. 2 ZPO vielmehr die Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs und des Arrestgrunds durch den Antragsteller genügen. Die Glaubhaftmachung erfordert gem. § 294 ZPO die Darlegung eines Sachverhalts, für den eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht.
Der gleiche Wortlaut des § 324 Abs. 1 S. 1 AO und des § 917 Abs. 1 ZPO sowie der Gesichtspunkt, dass der Sicherungszweck des § 324 AO erheblich beeinträchtigt wäre, wenn für die materiellen Voraussetzungen der Arrestanordnung die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit verlangt würde, lassen es auch für das finanzbehördliche Arrestverfahren gerechtfertigt erscheinen, geringere Anforderungen an die Feststellung der die Anordnung begründenden Tatsachen zu stellen. Der in § 920 Abs. 2 ZPO enthaltene Rechtsgedanke muss entsprechend gelten. Es muss also – wie bei der Glaubhaftmachung – eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die anspruchsbegründenden Tatsachen bestehen. In Lit. und Rspr. wird zumeist von hinreichender Wahrscheinlichkeit gesprochen, sofern hier nicht nur ein terminologischer Unterschied gegeben sein sollte, sondern eine über den Inhalt des § 920 Abs. 2 ZPO hinausgehende Beweiserleichterung beabsichtigt ist, kann dem nicht gefolgt werden.
Rz. 13a
Die überwiegende Wahrscheinlichkeit i. d. S. liegt vor, wenn der Sachverhalt, auf dessen Grundlage der Arrestanspruch gegeben wäre, wahr zu sein scheint. Es müssen nach Abwägung aller Umstände mehr Gründe für als gegen das Vorliegen des Sachverhalts und damit das Bestehen des Arrestanspruchs sprechen, sodass das Nichtvorliegen des Sachverhalts nicht mehr wahrscheinlich, sondern allenfalls möglich erscheint.
Steht der Sachverhalt für die Entstehung des Anspruchs noch nicht mit Sicherheit fest, so geht die finanzbehördliche Ermittlungspflicht bis zur Grenze des Zumutbaren, wobei allerdings auch der Arrestgrund und die sich aus ihm ergebende Eilbedürftigkeit in Betracht zu ziehen sind, sodass an die Ermittlungspflicht keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen. Im finanzgerichtlichen Verfahren trifft die Finanzbehörde die Darlegungslast hinsichtlich der glaubhaft zu machenden Sachverhaltsumstände.
I. d. S. muss bei verständiger Würdigung auch der Arrestgrund wahrscheinlich sein.
Die Beeinträchtigung braucht nicht nachgewiesen zu werden, muss sich aber aus objektiv wahrnehmbaren Umständen ergeben. Arrestgrund ist allein die Besorgnis der Vollstreckungserschwernis oder Vollstreckungsvereitelung.