Rz. 2
Die in § 328 Abs. 1 AO bezeichneten steuerrechtlichen Verhaltenspflichten können nur mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn sie zuvor gegenüber dem Pflichtigen durch einen entsprechenden Verwaltungsakt konkretisiert wurden. Das Bestehen einer abstrakten gesetzlichen Verhaltenspflicht reicht nicht aus. Einen sofortigen Vollzug, wie ihn § 6 Abs. 2 VwVG für bestimmte Fälle vorsieht, kennt das Abgabenrecht nicht. Auch die freiwillige Verpflichtung des Stpfl. zu einem bestimmten Verhalten kann nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden.
Ob die Aufforderung der Finanzbehörde zu einem bestimmten Verhalten als Verwaltungsakt zu werten ist, beurteilt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Am Regelungscharakter kann es insbesondere dann fehlen, wenn die Aufforderung auf ein Verhalten des Stpfl. gerichtet ist, das allein in dessen eigenem Interesse liegt, z. B. die Anforderung von Nachweisen für steuermindernde Umstände oder Benennungsverlangen nach § 159 AO bzw. § 160 AO. Demgegenüber stellt die Aufforderung, bestimmte Angaben im Besteuerungsverfahren in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zu machen, einen durchsetzbaren Verwaltungsakt dar.
Rz. 3
Der durchzusetzende Verwaltungsakt muss wirksam sein. Er muss insbesondere ordnungsgemäß bekannt gegeben und inhaltlich hinreichend bestimmt sein und darf nicht an einem Nichtigkeitsgrund i. S. d. § 125 AO leiden.
Die Anwendung von Zwangsmitteln setzt nicht die Bestandskraft, sondern nur die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts i. S. d. § 251 Abs. 1 S. 1 AO voraus. Die Vollstreckung ist daher zulässig, soweit nicht die Vollziehung gem. § 361 Abs. 1 AO bzw. § 69 Abs. 1 und 2 FGO ausgesetzt oder die Vollziehung – ausnahmsweise – durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist. Die bloße Stellung eines Aussetzungsantrags hindert die Vollziehung nicht. Allerdings kann sie Anlass dazu geben, vor der Anwendung von Zwangsmitteln die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels zu prüfen.
Weitere Voraussetzung für den Beginn der Vollstreckung ist nach § 254 Abs. 1 S. 1 AO, dass der Schuldner zur Leistung oder Duldung oder Unterlassung aufgefordert worden ist (Leistungsgebot) und seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist. Das Leistungsgebot wird sich bei den in § 328 AO bezeichneten Verwaltungsakten im Allgemeinen unmittelbar aus dem Inhalt des durchzusetzenden Verwaltungsakts ergeben, sodass die wesentliche Bedeutung des § 254 Abs. 1 S. 1 AO in der Beachtung der Wochenfrist liegt.