Rz. 53
Eine Klage ist nach § 44 FGO i. d. R. nur dann zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf erfolglos geblieben ist. Der in Art. 19 Abs. 4 GG angesprochenen richterlichen Überprüfung wird also ein Verwaltungsverfahren vorgeschaltet. Das teilweise erfolglose Vorverfahren ist somit grundsätzlich eine Prozessvoraussetzung. Fehlt es daran, darf das Gericht nicht in der Sache entscheiden; eine trotzdem erhobene Klage ist als unzulässig zu verwerfen. Das Vorverfahren dient dazu, dass der Verwaltungsakt nochmals geprüft wird.
Rz. 54
Die DSGVO bestimmt nicht unmittelbar, dass bei datenschutzrechtlichen Klageverfahren ein Vorverfahren erfolgen muss insoweit besteht für den nationalen Gesetzgeber ein entsprechender Regelungsspielraum, der durch § 32i Abs. 9 AO ausgefüllt wurde. Demnach ist ein Vorverfahren nicht erforderlich. Die in Regelung in der AO entspricht § 20 Abs. 6 BDSG. Der Verzicht auf die Notwendigkeit eines Vorverfahrens gilt für alle Klageverfahren i. S. d. § 32i AO. Dies betrifft auch z. B. Klagen auf Zurverfügungstellung von Datenkopien; auch hierfür ist kein Vorverfahren erforderlich. Die Vorschrift regelt auch, dass bereits kein Einspruchsverfahren i. S. v. § 347 AO durchgeführt werden kann und ein trotzdem eingelegter Einspruch als unzulässig zu verwerfen ist.
Rz. 55
Der Ansatz des Gesetzgebers auf das Vorverfahren zu verzichten ist nachvollziehbar. Dieses ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der zugrundeliegende Verwaltungsakt nach Fristablauf in Rechtskraft erwächst und damit für alle Verfahrensbeteiligten eine gewisse Bindungswirkung erzeugt. Im Gegensatz dazu bleibt eine rechtswidrige Datenverarbeitung auch nach dem Verzicht auf eine Klageerhebung weiter rechtswidrig. Diese kann durch eine ggf. erneute Beschwerde geltend gemacht werden.
Kosten entstehen dem Antragsteller hierdurch grds. nicht. Bei offenkundig unbegründeten oder exzessiven Beschwerden kann die Datenschutzaufsicht aber eine angemessene Gebühr verlangen. Einzig wiederholte exzessive Beschwerden werden als rechtsmissbräuchlich angesehen und lösen insoweit keine Bearbeitungspflicht aus. Nach einem rechtsverbindlichen Beschluss der Datenschutzaufsicht kann die betroffene Person – auch Jahre später – neue Argumente vortragen. Kommt die Datenschutzaufsicht zu dem Ergebnis, dass diese neuen Aspekte zu einer anderen Bewertung führt, ist sie an einer neuen Entscheidung nicht gehindert. Eines Vorverfahrens bedarf es daher nicht.
Rz. 56
Bei den Streitigkeiten zwischen der betroffenen Person und der Finanzbehörde gilt dies ebenso. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich. Allerdings dürfte die Grenze zwischen einem rein datenschutzrechtlichen Begehren und einem Einspruch z. B. gegen die Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht den Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes fließend sein. Im Zweifel wird die Finanzverwaltung daher nur in den eindeutig datenschutzrechtlichen Streitigkeiten auf ein Vorverfahren verzichten. In allen anderen Fällen sollte sicherheitshalber ein Vorverfahren durchgeführt werden.
Rz. 56a
Die mit dem JStG 2020 vorgenommene Ausweitung des Finanzrechtswegs auch auf Auskunfts- und Informationszugangsansprüche nach den IFG von Bund und Ländern, deren Umfang nach § 32e AO begrenzt wird, hat auch Auswirkungen auf den § 32i Abs. 9 AO. Für diese Fallgestaltungen ist – abweichend von § 32i Abs. 9 S. 1 AO – ein Vorverfahren durchzuführen. Der Gesetzgeber begründet dies faktisch damit, dass bei Auskunfts- und Informationszugangsansprüchen in der Vergangenheit immer ein Vorverfahren durchgeführt worden ist und sich hieran durch die veränderte Rechtswegzuweisung auch nichts ändern soll. Diese Herangehensweise des Gesetzgebers ist nachvollziehbar. Das "ob" des Anspruchs ergibt sich weiterhin aus den IFG von Bund und Ländern. § 32e AO begrenzt nur den Umfang des Auskunfts- und Informationszugangsanspruchs und nur bei diesem Punkt wollte der Gesetzgeber eine Änderung vornehmen. Im Übrigen ergibt sich aus einem entsprechenden Widerspruchsbescheid der Finanzbehörde, ob – zumindest nach Auffassung der Verwaltung – der Anspruch der betroffenen Person nach § 32e AO begrenzt wird. Damit verbleibt es bei der Grundregel des erforderlichen Vorverfahrens nach § 44 FGO zur Entlastung der FG.